Reisebericht Westwärts

Nach Galicien – dem Schatten nach

Jakobspilger auf den Spuren vergangener Zeitzeugen. Über 800 Kilometer von Saint-Jean-Pied-de-Port in den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela zum Grab des Apostels

„Zunächst, wenn du aufbrechen willst, sollst du den Herrgott um seine Hilfe bitten, danach Maria, die Gnadenreiche, damit sie beide bereit sind, dich unbeschwert dorthin zu bringen, wo du Sankt Jakob mit Andacht finden mögest.“ – Hermann Künig von Vach, 1495

„Dann singt ihr Lieder wie in der Nacht, in der man sich heiligt für das Fest. Ihr freut euch von Herzen wie die Pilger, die unter dem Klang ihrer Flöten zum Berg des Herrn, zu Israels Felsen, hinaufziehen.“ – Jesaja 20,29

Reisen ist Ausdruck unseres Seins

Das Leben selbst ist eine Pilgerreise

„Das Reisen ist Ausdruck unseres Seins als Pilger (viator *)auf dem ersehnten Ziel während es zugleich einen anderen, tieferen und bedeutungsvolleren Weg widerspiegelt, den zu gehen wir berufen sind und der uns zur Begegnung mit Gott führt.“

Quelle: Papst Benedikt XVI. 2012: Botschaft zum Weltkongress für Tourismusseelsorge. Die Tagespoststiftung, 30.07.23. www.benedictusXVI.org. *) Viator: Wanderer, Reisender, Ausflügler. Nam vita peregrinatio est et homo viator, peregrinus qui viam percurrit usque ad locum petitum. Quelle: vatican.va

Wie ich den Jakobusweg entdeckte

Raum C 4180, Sportturm Uni Bremen, kurz nach der Jahrtausendwende. Erschrocken drehe ich mich um, bin fast der einzige Mann unter lauter Frauen. Die Oberstudienrätin erklimmt das Podium, kommt sofort zur Sache. Vaganten, PilgerInnen und Beginen im Mittelalter, so lautet der Untertitel ihrer Seminarreihe.

Broschüre Westwärts nach Galicien

Faszinierendes. Eindrucksvolles. Meditatives. Spirituelles. Mythisches. Traumhaftes. Leichtes. Anstrengendes. Schmerzhaftes. Liebevolles. Sportives. Unvergessliches. Geschichtliches. Religiöses. Mystisches. Kulturelles.

Die Autoren der Broschüre Westwärts nach Galicien – dem Schatten nach wenden sich bewusst an die Menschen, die den Jakobsweg nicht nur als Ergänzung eines europäischen Wanderwegs begreifen, die mehr wissen wollen: Über die mittelalterlichen Protagonisten, über den religiösen und geschichtlichen Hintergrund, über die beeindruckend schönen und wuchtigen Sakralbauten.

Der Reisebericht ist gleichwohl sehr persönlich gefärbt.

Mit unserem Reisebericht wenden wir uns an Menschen, die bereit sind, sich mit den Worten des Erzbischofs von Santiago, Julian Barrio, auseinanderzusetzen:

  • So ist der Weg nach Santiago für den, der im Geist und in der Wahrheit pilgert, ein geeigneter Ort,
  • um mit Gott ins Gespräch zu kommen;
  • er ist ein Zeichen, das ihm hilft, sich von Gott geschaffen durch Christus befreit zu fühlen,
  • und er ist eine Erfahrung, in der der Pilger lernt, zu geben und zu empfangen.

Meditieren auf dem Camino. Highlight Cruz de Ferro.

Foto. Mai 2006. Auf dem Weg zum Cruz de Ferro. Ein strahlend schöner Tag.

Elke schreitet voran, sie hat die besseren Augen, sie genießt die Stille, ich konzentriere mich auf den Weg — über die einsamen Montes de León.

Die Gedanken nehmen ihren Lauf. Elke erzählt mir von ihren Beweggründen, sie hat ihren Gott längst gefunden, sie will ihm danken. Ich gebe zu, mir schwirrt der Kopf: Gottsuche, Vernunft, Selbstfindung, 7‐Jahres‐Rhythmus. Ein tiefes Gefühl durchströmt mich, wie schön kann doch die Welt sein, wie schön Fauna wie Flora. Gut, dass keine Bergbahn hier herauf führt. Zum ersten Mal in meinem Leben achte ich penibel darauf, nicht mal eine Ameise zu zertreten.

Man wird ja immer wieder gefragt, Was hat dir denn der Weg gebracht, bist du ein anderer Mensch geworden?“ Ich weiß, diese beiden Stunden des Meditierens, der Gespräche mit Elke, auf dieser speziellen Etappe, weit und breit keine lärmenden Touristen, werden mir immer gegenwärtig bleiben. Danke.

Jakobspilger auf den Spuren mittelalterlicher Zeitzeugen

Der Reisebericht Westwärts nach Galicien – dem Schatten nach ist strukturiert. Wir nehmen euch mit auf vierunddreißig Etappen, in der Broschüre ausführlich beschrieben, an dieser Stelle nur kurz angerissen mit der Nennung der jeweiligen Etappe, mögen sie im Einzelfall dreizehn oder achtunddreißig Kilometer lang gewesen sein, und dem zweiten Teil der Headline, der auf den Tenor der Etappen eingeht.

Beispiel 15. Etappe. „Elke, wir müssen mehr trinken.“ Aufmerksame Zuhörer. Hier erzählen wir von Räto, einem 45-jährigen erfolgreichen Schweizer Geschäftsmann, der einmal eine Auszeit einlegen wollte; da kam ihm der Jakobsweg gerade recht. Oder 21. Etappe. Ein koreanischer Ex-Minister und eine Olympiasportlerin beeindrucken. Über zwei Stunden unterhielten wir uns mit dem Deputy Minister of Culture and Sports und seiner sportlichen Frau Kim, Volleyballspielerin bei den Olympischen Spielen von München 1972.

Letztlich pilgerten wir nach unseren Berechnungen achthundertzwei Kilometer, im Schnitt gut dreiundzwanzig Kilometer. Lust bekommen, mehr hierüber zu lesen? Dann bitte unsere Broschüre (s.u.) erwerben, zum Beispiel via Onlinehändler.

Die Etappen 25 und 26 sind beispielhaft in voller Länge abgedruckt. Die skizzierten persönlichen Erlebnisse, Erfahrungen, Eindrücke und Gefühle werden von eingestreuten Berichten aus Geschichte, Kultur und Religion unterbrochen, aufgelockert. 

Mittelalterliche Reiseschriftsteller auf dem Weg nach Compostell

Stellvertretend für die vielen Menschen, die sich seit dem 9./10. Jahrhundert auf den Weg gemacht haben, lassen wir Hermann Künig von Vach (1495), Ritter Arnold von Harff (1499) und Domenico Laffi (1666) zu Wort kommen. Mehr über die Pilger unten.

Wir dürfen annehmen, dass sie den Pilgerführer Liber Sancti Jacobi (12. Jh.) kannten, vielleicht auf ihren Wegen das Pilgerlied Wer das elent bawen wel aus dem 13. Jh. summten.

Liber Sancti Jacobi, 12. Jh. – IV. Buch des Heiligen Apostels Jakobus

Vorwort des seligen Papstes Calixtinus: *) „Wenn der gebildete Leser in unseren Werken die Wahrheit sucht, wird er sie in diesen Blättern bedenkenlos und ohne Zögern finden, denn was hier geschrieben ist, bezeugen viele, die noch leben, als wahr.“ Quelle: Der Jakobsweg. Ein Pilgerführer aus dem 12. Jh., Reclam. Übersetzt und kommentiert von Klaus Herbers, 2008; gilt für alle folgenden Zitate.

*) Guido von BurgundGuido von Vienne, geb. um 1060, gest. 13.12.1124, Papst ab 1119.

Wer das elent bawen wel – Lied der Jakobspilger – 13. Jahrhundert

Strophe1. Wer das elent bawen wel, der heb sich auf und sei mein gesel, wol auf sant Jacobs straßen! Zwei par schuaoch der darf er wol, ein schüßel bei der flaschen. 2. Ein braiten huot den sol er han und an Mantel sol er nit gan, mit Leder wol besezet, es schnei oder regn oder wähe der wint, daß in die luft nicht nezet. 3. Sack und stab ist auch darbei, er luog, daß er gebeichtet sei, gebeichtet und gebüßet! Kumt er in die welschen lant, er findt kein tuetschen priester. 4. Ein teutschen priester findt er wohl, er waiß nit wo er sterben sol oder sein leben laßen stirbt er in dem welschen lant, man grebt ihn bei den straßen. Quelle: Xacobeo, gilt für alle folgenden Zitate.

Etappenplan St.-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela

LIBER SANCTI JACOBI. Kapitel 1. Vier Wege führen nach Santiago, die sich zu einem einzigen in Puente la Reina vereinen; einer geht über (…) den Somportpass, ein anderer über Notre-Dame in Le Puy (…), ein letzter über St-Martin in Tours (…) und die Stadt Bordeaux (…), und nach dem Überschreiten des Cisapasses treffen sie in Puente la Reina auf (…)

Etappe 1. St. Jean-Pied-de-Port nach Huntto, 6 km

Chigong in den Pyrenäen. Kultivierung von Körper und Geist.

  • Wer das elent bawen wel. 13. Jh., 5. Strophe: So ziehen wir durch Schweizerlant ein, sie haißen uns got welkuum sein, und geben uns ire speise, sie legen uns wol und decken uns warm, die straßen tount sie uns weisen. 6. Strophe. So ziehen wir durch die welschen lant, die seint uns bruedern unbekannt, das elent mueßen wir bawen, wir rufen got und sant Jacob an und unser lieben frawen.

Etappe 2. Huntto über den Cisa-Pass nach Roncesvalles / Orreaga, 22 km

Barfuß in den Pyrenäen. Wecken mit sakraler Musik.

Domenico Laffi (1670/73): Die Hauptkirche (von Roncesvalles) liegt auf der linken Seite. Sie ist wirklich sehr alt, von Karl dem Großen gebaut, und bereits Bischof Turpin (8. Jh.) las dort eine Messe. Als wir ankamen, sangen sie eine feierliche Messe, in spanischer Tradition. Als Instrumente benutzten sie ausschließlich verschiedene Arten von Dudelsackpfeifen. Quelle: A Journey to the West. By Domenico Laffi. Translated by James Hall, 1997; gilt für alle folgenden Zitate.

Etappe 3. Roncesvalles / Orreaga über den Erre-Pass nach Zubiri, 23 km

Smalltalk mit einem französischen Pater. Adelssitze in Navarra.

Wer das elent bawen wel. 13 Jh., 10. Strophe: Is ligen fünf berg im welschen lant, die seint uns pilgram wolbekant: der erste haist Runzevalle, und welcher bruoder darüber get, sein backen werden im schmale.

Etappe 4. Zubiri über Burlada nach Pamplona / Iruña, 22 km

Auf Hemingways Spuren.

Hermann Künig von Vach, 1495: Nach einer weiteren Meile kommst du nach Sant Johans stat 1) (…). Nach fünf Meilen stößt du auf ein Kloster, das oben auf dem Rontzefall 2) liegt. (…) Dann folgen beträchtlich größere Meilen, bis du in eine Stadt kommst, die Pepelonia 3) heißt. 1) St.-Jean-Pied-de-Port 2) Roncesvalles 3) Pamplona. Quelle: Die Strass zu Sankt Jakob. Klaus Herbers und Robert Plötz, 2004; gilt für alle folgenden Zitate.

Etappe 5. Pamplona / Iruña über Zariquiegui nach Puente la Reina / Gares, 25 Kilometer

Puente la Reina. Matsch. Wind. Klimascheide.

Hermann Künig von Vach, 1495: Danach kannst du gerne in eine Stadt einziehen, in der der König von Nafern lebt. In dieser Stadt gibt man zwölf Brüdern zu trinken und zu essen. Neben der Hauptkirche, das sollst du nicht vergessen, liegt auf der linke Seite das Spital zu Unserer Lieben Frau (…) Du findest auch ein Spital Sankt Maria Magdalena.

Arnold von Harff, 1499: Von Guendulain nach Puente la Reina, einem Städtchen,
drei Lieux einen Berg hoch und wieder hinab, über eine steinerne Brücke.
Quelle: Rom. Jerusalem. Santiago. Helmut Brall-Tuchel. Folker Reichert. 3. Auflage 2009; gilt für alle folgenden Zitate.

Etappe 6. Puente la Reina / Gares über Lorca nach Estella / Lizarra, 22 km

Regen. Schlamm. Die Psyche geht den Bach runter.  Ein verlorener Ohrclip.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., 11. Strophe: Der andere haist der Monte Christein, der Pfortenberk mag wol sein brouder sein, sie seint einander vast gleiche, und welcher bruoder darüber get, vordient das himmelreiche.

Etappe 7. Estella / Lizarra über Irache, Villamayor de Monjardin nach Los Arcos, 21 Kilometer

Triumpf von Wille und Wollen über Vorstellung.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., 7. Strophe: So ziehen wir durch der armen Jecken lant, man gibt uns nichts dan apfeltrank, die berge mueßen wir steigen; gäb man uns öpfel und pirn gnuok, wir äßens für die feigen.

Domenico Laffi (1670/73): (…) befindet sich das äußerst große und wunderbare Kloster San Benito, 1) das sehr reich ist und wie eine Stadt aussieht, da es eine
große Mauer besitzt (…) Wir setzen unseren Weg fort bis Il Arco del Re 2) (…) dem letzten Ort des Königreiches Navarra. 1) Irache; 2) Los Arcos

Etappe 8. Los Arcos über Torres del Rio nach Logroño, 29 Kilometer

Warum der mittelalterliche Pilger sich dem Lächeln der Virgenes del Camino, der Santa Maria anvertraute.

Codex Calixtinus, 12. Jh.: Der Fluss in Logrono heißt Ebro, sein Wasser ist gut und reich an Fischen. Alle Flüsse zwischen Estella und Logrono führen ein für Pferd und Menschen todbringendes Wasser, und vom Verzehr ihrer Fische wird abgeraten.

Ritter Arnold von Harff, 1499: (…) nach Logrono 1 Lieu, einer Stadt des Königs von Spanien. Hier reitet man über eine steinerne Brücke. Der Fluss heißt Ebro. Dort endet das Königreich von Navarra. In Logrono untersucht man dich, ob du Handelsgüter bei dir hast. Für sie musst du Zoll zahlen.

Etappe 9. Logroño nach Navarette, 13 Kilometer

Logrono-Navarrete. Wir lassen es gemütlich angehen.

Domenico Laffi (1670/73): Morgens gingen wir zur Kathedrale (von Logroño), um die Messe zu lesen. Das gemacht, verließen wir die Stadt und gingen weiter nach Navarrete. Es hat eine große, herrliche Kirche, gut erhalten und gut geführt.

Etappe 10. Navarrete über Najera nach Santo Domingo de la Calzada, 38 km

Santo Domingo de la Calzada. Eine liebestolle Wirtstochter macht Geschichte.

Künig von Vach, 1495: Dann gehe, das rate ich dir, zwei Meilen bis Nazareto. Danach findest du einen Brunnen neben einer Kirche.

Domenico Laffi (1670/73): Nájera ist eine der schönsten Städte, die in dieser Region zu sehen ist. Die Brücke über den breiten Fluss verbindet zwei Stadtteile. Alle sind sehr fleißig, errichten viele Gebäude und Kirchen. (…) Wir kauften Brot und Wein, denn gerade in Spanien solltest du nicht ohne beides eine Stadt verlassen.

Etappe 11. Santo Domingo de la Calzada über Granon nach Belorado, 25 km 

Bloß schnell alles vergessen. Eine unfreundliche Bedienung setzt allem die Krone auf.

Hermann Künig von Vach, 1495: Dann findest du ganz in der Nähe ein Spital und
hast noch zwei Meilen in eine Stadt, die Dolorosa *)heißt. Darin gibt man auch
Almosen. *) Belorado

Etappe 12 von Belorado über Tosantos nach Villafranca Montes de Oca, 13 Kilometer

Belorado — Villafranca Montes de Oca. Eine an sich lockere Aufgabe.

Künig von Vach, 1495: In den Spitälern ist man dir gern zu Diensten, ausgenommen im Spital des hl. Jakobus, da ist das Personal durchweg bösartig. Die Spitalfrau tut den Pilgern viele Gemeinheiten an, aber die Betten sind sehr gut.

Arnold von Harff, 1499: Von Medie de Ponte nach Villafranca de Montes des Oca 5 Lieux *) einem Städtchen neben einem anderen Städtchen namens Belorado.

Etappe 13. Villafranca Montes de Oca über San Juan de Ortega, Ages nach Atapuerca, 19 Kilometer

Domingo de la Calzada und Juan de Ortega.  Zwei Mönche als Brückenkonstrukteure.

Hermann Künig von Vach, 1495: (…) Sei nicht zu erpicht, aus der sprudelnden Quelle zu trinken, denn sie tut vielen Brüdern nicht gut. Darauf sollst du einen Berg (Montes de Oca) hochgehen, beeile dich aber nicht zu sehr.

Etappe 14. Atapuerca über Villalval nach Burgos, 21 Kilometer

Ein Moslem aus Aschaffenburg erklärt uns seinen Camino.

Fotos: Herbergen in Atapuerca. Matagrande. Der Moslem aus Aschaffenburg. Burgos.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., Strophe 8: So ziehen wir durch Soffeien hinein, man geit uns weder grot noch wein, die seck stänt uns gar läre; wo ein brouder zu dem andern kumt, der sagt im böse märe.

Burgos, Kartäuserkloster Santa Maria de Miraflores

Als hätten wir nicht genug vom Wandern. Ad mille flores.

Arnold von Harff, 1499: Südwestlich von Burgos liegt etwa eine halbe Meile oberhalb des Flusses ein schönes Kartäuserkloster auf einem kleinem Berg namens ‚Ad mille flores‘. Dort liegen alle Könige und Königinnen

Etappe 15. Burgos über Tardajos nach Hornillos del Camino, 21 km

„Elke, wir müssen mehr trinken.“ Aufmerksame Zuhörer.

Wer das elent bawen wel, 13. Jh., Strophe 13. Der künig von Hispanien der fuert ein kron, er hat gebawet drei spital gar schon in sant Jacobs eren, und welcher
bruoder darin kumt, man beweist im zucht und ere. Strophe 14: Es war dem spitalmeister nit eben Vierthalbhundert bruedern hat er vergeben (vergiftet), Got lass nit ungerochen! Zu Burges (Burgos) wart er an eyn kreutz geheft, mit scharfen pfeilen durchstochen.

Etappe 16. Hornillos del Camino über Hontanas nach Castrojeriz, 21 km

Ein Hostal, das Freude macht. Eine Etappe zum Nachdenken.

Hermann Künig von Vach, 1495: Danach findest du vier Spitäler auf den nächsten siebeneinhalb Meilen. Dann stößt du auf die Sant Thonges-Kirche *), dahin kannst du eilen. Dort gibt man dir das Brot, das du nötig hast. *) Sankt Antonius

Domenico Laffi (1670/73; freie übersetzt): Wir setzten unseren Weg fort, trafen drei Deutsche, die auf dem Weg nach Galicia waren. Wir begleiten sie. Da die Wölfe sehr gefährlich sind, rät man uns, den Ort erst in den Vormittagsstunden zu verlassen, nachdem die Schafsherden bereits auf die Felder getrieben worden sind.

Hermann Künig von Vach, 1495: Nach einer halben Meile kommst du zu einer Burg, die fritz *) heißt. Auf Deutsch wird sie die lange Stadt genannt. In ihr gibt es vier Spitäler. *) Castrojeriz

Etappe 17. Castrojeriz über Itero de la Vega, Boadilla del Camino nach Fromista, 26 km

Meseta pur. Eine Gerichtssäule, die das Fürchten lehrt.

Domenico Laffi (1670/73): (…) wir kommen in das Städtchen, das sich Fontana (Hontanas) nennt, das im Grund eines Tälchens versteckt ist und kaum zu sehen ist (…) die Wölfe kommen in solchen Mengen, dass, wenn sie kein Lagerfeuer sehen, sie das Vieh fressen, sei es Tag oder Nacht (…) verweilen wir ein wenig und wandern nach Castel Sorizz, zwei Meilen entfernt.

Domenico Laffi, 1673: (…) wandern nach Castel Sorriz *) zwei Meilen entfernt, wo der Weg immer mit diesen verfluchten Heuschrecken bedeckt ist. (…) Es ist
schrecklich anzusehen, wie nicht nur die Menschen sterben, sondern auch das Vieh, das keine Weiden findet, weil sie durch diese Insekten kahlgefressen wurden. *) Castrojeriz

Etappe 18. Fromista über Villalcazar de Sirga nach Carrion de los Condes, 20 Kilometer

Gebahnte Fußwege. Warum nicht? Eine leichte Strecke.

Arnold von Harff, 1499: Von Boadilla nach Fromista 1 Lieu, einem Städtchen. Die Städte in ganz Spanien sind von Lehmmauern umgeben, schlechte Herbergen, was Du zu essen oder zu trinken haben willst, das musst Du alles auf der Straße kaufen. (…) alles musst Du gesondert zahlen.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., Strophe 15: Der könig der war eyn biderman, in bilgramkleider legt er sich an, seyn spital wolt er beschawen, was im die teutschen brüder sagten, das wolt er nit glauben. Strophe 16: Da gieng er in daz spital eyn, er hiesz im bringen brot und weyn, die supp die was nit reine: Spitalmeister, lieber spitalmeister mein! Die brot seint vil zu kleine.

Hermann Künig von Vach, 1495: Nach einer einer Meile stößt du auf eine Stadt, die Garrion *) heißt, sie hat eine Brücke, die ansehnlich ist. Dort gibt man in zwei Klöstern Wein und Brot. *) Carrion de los Condes

Etappe 19. Carrion de los Condes über Calzadilla de la Cueza, Ledigos nach Terradillos de los Templarios, 28 Kilometer

Eine Etappe, die vielen Pilgern Sorge bereitet. Alles halb so schlimm.

Domenico Laffi (1670/73): An dieser Stelle sollte ich erklären, dass die Spanier ausgesprochen hilfsbereit sind. Überall gibt man dir ohne zu zögern Brot und
Wein, und wenn es einmal kein Hospiz gibt, dann hilft dir der örtliche Polizist weiter.

Arnold von Harff, 1499: Summa summarum ist Spanien ein noch schlimmeres Land (im Umgang) mit der Christenheit, als ich es in der Türkei angetroffen habe.

Hermann Künig von Vach, 1495: Nach einer weiteren Meile kommt eine Kirche, die baufällig ist. Zwei Dörfer, eine Kirche und eine Brücke liegen in der Nähe und eine Stadt, die Saguna heißt. Sie hat schlechtes Wasser und vier Spitäler.

Etappe 20. Terradillos de los Templarios über Sahagun, Calzada del Coto nach Bercianos de Real Camino, 24 Kilometer

Der Weg ist das Ziel. Facundus und Karl der Große.

Liber Sancti Jacobi, 12. Jh.: (…) Ebenso sind die Leichname der hl. Märtyrer Facundus und Primitivus zu verehren, deren Basilika von Karl gebaut wurde. Bei ihrer Stadt gibt es mit Bäumen bestandene Wiesen, auf denen die Lanzen der Kämpfer sich belaubten, wie man berichtet. Ihr Fest feiert man am 27. November.

Domenico Laffi (1670/73): Nach dem Kirchgang schauten wir uns in der Stadt um. Das Abendbrot mit Wein und Brot nahmen wir zusammen mit den Deutschen ein; sie waren auch in der Stadt gewesen und hatten dort ihre Pergament-Heiligenbildchen verkauft.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., Strophe 17: Der spitalmeister war eyn zornik man, der greulich hat dich herein gethan, daz nympt mich nimmer wunder, und
werstu nit eyn welscher man, ich vergeb dir wie die teutschen hunde. Strophe 18: Und da is an den abent kam, die brüder wolten schlafen gan, der pilgram wollt schlafen alleine: Spitalmeister, lieber spitalmeister meyn ! Die pet sein nit gar reine.

Etappe 21. Bercianos de Real Camino über El Burgo, Reliegos nach Mansilla de las Mulas, 27 Kilometer

Ein koreanischer Ex-Minister und eine Olympiasportlerin von München beeindrucken.

Hermann Künig von Vach, 1495: Dann hast du sieben Meilen bis eine Stadt, die Mansilo *) heißt. Du kannst sorgenfrei hineingehen, dort findest du genügend Spitäler. *) Mansilla de las Mulas.

Ritter Arnold von Harff, 1499: Von Reliegos nach Mansilla 3 Lieux einer Stadt, alles in Spanien gelegen. Dort reitet man über eine Steinbrücke. Der Fluss heißt Isla.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., Strophe 22: Der spitalmeister het eyn tochterleines, mocht recht wol eyn schelkin seyn: Es nymmpt mich immer wunder, daß der liebste vatter meyn sol sterben von wegen der teutschen hunde. Strophe 23: Es stund eyn bruder nahe darbey: Nun sol es nit verschwiegen sein, ich wil es selber klagen. Da ward daz selbig tochterlein unter dem galgen begraben.

Etappe 22. Mansilla de las Mulas über Alto del Portillo nach Leon, 20 km

Leon. Die schönste Kathedrale Spaniens ruft. Ein Grund mehr, schneller zu gehen.

ANKUNFT IN LEON. Liber Sancti Jacobi, 12. Jh. Dann muss man in der Stadt León die ehrwürdigen Reliquien des hl. Bischofs, Bekenners und Doktors Isidor besuchen, der eine fromme Regel für die kirchlichen Kleriker schuf, das spanische Volk mit seinen Lehren erfüllte und die ganze hl. Kirche mit seinen blumenreichen Büchern erfreute.

Hermann Künig von Vach, 1495. Nach zwei Meilen folgt Leoeyn, eine Stadt, die schon recht groß ist. Darin findest du genügend Spitäler. Gehe in das Spital Sant Thonges wenn es sich ergibt. Auch kann man dort Jakobus-Zeichen kaufen.
Arnold von Harff, 1499. (…) León. Das ist eine der vier Hauptstädte Spaniens. Dort steht ein sehr schöner Dom Zu Unserer Lieben Frau de Regula.
Domenico Laffi, 1673. (…) wir begaben uns nach Lione, in 3 Leguas Entfernung, wo wir gegen Mittag ankamen (…) wandten uns sofort an den Bischof, damit er uns die Dimissoriale unterschreibt (…) gingen zur Kathedrale, die sehr schön und alt ist, aber nicht so wie die von Burgos.

Etappe 23. Leon über Fresno del Camino, Villar de Mazarife, Villavante nach Hospital del Orbigo, 37 Kilometer

Dreihundert siegreiche Lanzen. Asphalt und Karrenwege.

Künig von Vach, 1495: (…) auch darüber will ich ansprechende Belehrung geben, wo sich jeder Bruder in acht nehmen soll.

Liber Sancti Jacobi, 12. Jh.: Dies sind die Namen einiger Straßenbauer, die zu Zeiten des Erzbischofs Diego von Compostela, des Kaisers Alfons von Spanien und Galicien und des Papstes Calixt den Jakobsweg von Rabanal bis zur Minobrücke aus Liebe zu Gott und zu seinem Apostel instand setzen. Dies geschah vor dem Jahr 1120 unter der Regierung des Königs Alfons von Aragonien und Ludwigs des Dicken von Frankreich: Andreas, Roger, Alvitus, Fortus, Arnold, Stephan und schließlich Petrus, der die von Königin Urraca zerstörte Minobrücke wiedererbaute. Die Seelen dieser Männer und ihrer Helfer mögen ewig in Frieden ruhen.

Etappe 24. Hospital de Orbigo über Crucero de San Toribio, San Justo de la Vega nach Astorga, 18 Kilometer

Die Albergue in Astorga ist ein Glücksgriff. Gaudi und Ratzinger. 

Hermann Künig von Vach, 1495: (…) oder wenn du nach Storgeß ziehen willst, dann sollst du über drei Brücken gehen und dann eine Steigung hinauf; dort findest du ein großes, steinernes Kreuz stehen, dort sollst du dich nach links wenden (…). Willst du aber meiner Empfehlung folgen, sollst du dich nach rechts halten, da brauchst du keinen Berg zu bewältigen.
Pilgerführer Liber Sancti Jacobi, 12. Jh.: Es folgen Mansilla und Leon, Königs– und Hofstadt, die reichhaltige Kostbarkeiten aufweist. Dann geht es über Orbigo, die
Stadt Astorga, Rabanal, das den Beinamen captivus trägt, den Irago-Pass, Molinaseca, Cacabelos, Villafranca an der Mündung (…)

Etappe 25 von Astorga über Santa Catalina de Somoza, El Ganso nach Rabanal del Camino, 19 Kilometer

Nadel und Faden. Wichtige Utensilien des Jakobswegs.

Rabanal del Camino. Pilgerherberge del Pilar.

Ausführlicher Reisebericht und weitere Fotos bitte nach unten scrollen

Arnold von Harff, 1499: Von Hospitale Grande nach Rabanal 2 Lieux. *) Er meinte wohl das spanische Maß Legua: 5,5 km x 2 = 11 km. In diesem Fall von Santa Catalina de Somoza nach Rabanal del Camino.

Hermann Künig von Vach, 1495: Hütte dich vor dem Rabenel. *) gemeint ist der Berg zum Eisenkreuz (Cruz de Ferro).

Etappe 26 von Rabanal del Camino über Foncebadon, Cruz de Ferro, Manjarin, El Acebo, Riege de Ambros nach Molinaseca, 26 Kilometer

Sechsundzwanzig Kilometer Spirituelles, Meditatives, Nachdenkliches, Eindrucksvolles, Unvergessliches.

Manjarin in 2012. Wie es sechs Jahre zuvor ausschaute: s.u.

Ausführlicher Reisebericht incl. Fotos bitte nach unten scrollen

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., Strophe 12: Der vierte haist der Rabanel, 1) darüber laufen die brueder und schwester gar schnell, der fünfe hast in Alle Fabe 2), da leit vol manches bidemans kint auß teutschem lant begraben. 1) von Rabanal zum Cruz de Ferro. 2) O Cebreiro

Etappe 27. Molinaseca über Ponferrada, Camponaraya, Cabelos nach Villafranca del Bierzo, 30 Kilometer

Die 27. Etappe wird uns herausfordern. Hitze, Staub, Hitze, Staub, Hitze.

Künig von Vach, 1495: (…) und man gibt gern Wein und Brot in der Umgebung von Bonforat. In der Stadt liegt eine stattliche Burg. Dann hast du drei Meilen bis Kacafeloß, dann hast du fünf Meilen bis Willefrancken; dort trinke mit Verstand, weil er manchem sein Herz ausbrennt, daß er erlischt wie eine Kerze.

Hermann Künig von Vach, 1495: Wenn du nicht den Weg über den Berg Allefaber *) nehmen willst, so lasse ihn zur Linken liegen und gehe bei der Brücke rechts ab. (…) Da sollst du fünf Meilen weiter gehen, dann findest du ein Dorf, das auf einem steilen Berg liegt. *) La Faber – O Cebreiro

Etappe 28. Villafranca del Bierzo über Trabadelo, La Faba, La Laguna nach O Cebreiro, 32 Kilometer

Camino duro. Der harte Weg. O Cebreiro. Bunter Vogel.

Liber Sancti Jacobi, 12. Jh.: Vom Cisapass bis nach Santiago verbleiben 13 Etappen (…) Die neunte von Leon bis Rabanal, die zehnte von Rabanal bis nach Villafranca, nachdem man den Monte Irago überquert hat. Die elfte nach Triacastela über den Cebreropass; die zwölfte reicht von Triacastela nach Palas del Rey; die dreizehnte bis nach Santiago ist kurz.

Etappe 29. O Cebreiro über Alto do Poio nach Triacastela, 22 km

Kit-Kat. Kuchen. Kekse.

Hermann Künig von Vach, 1495: (…) und sollst Gott und Maria Dank und Lob sagen, daß du bis dahin gesund gekommen bist, und du sollst Gott und Maria mit Eifer dienen.

Etappe 30. Triacastela über San Xil, Alto de Riocabo, Sarria, Rente nach Morgade, 27 Kilometer

Frauenpower. Kaminfeuer.

Wer das elent bawen wel. 13. Jh., 9. Strophe: So ziehen wir zu sant Spiritus ein, man gibt uns brot und guoten wein, wir leben in reichem schalle.

Domenico Laffi, 1673: Nach Tre Castelli kommt man zu einer herrlichen und reichen Ebene mit allen Arten von Früchten , wo es viele Häuser, Gemüsegärten und Gärten gibt. Man überquert einen Fluß mit vielen Mühlen, steigt ein bißchen bergan und kommt nach Sarria. Dieses ist ein prächtiger und reicher Ort, mit schönen Gebäuden; es gibt ein Kloster mit Mönchen, die weiß gekleidet gehen und den Pilgern die Ration geben.

Etappe 31. Morgade über Portomarin, Ligonde nach Airexe, 27 km

Kapstadt versus Irakkrieg. Eine hilfsbereite Kanadierin.

Pilgerführer Liber Sancti Jacobi, 12. Jh., Kapitel 3: Namen der Orte am Jakobsweg (…) Es folgen Triacastela (…) Dort empfangen die Pilger einen Stein und nehmen ihn bis Castaneda mit, damit Kalk für den Bau der apostolischen Basilika gemacht werden kann.

Etappe 32. Airexe über Palas de Rei, Casanova, Furelos nach Melide, 23 km

Vater. Mutter. Drei Kinder. Zwei Fahrräder. Eine Rikscha.

Wer das elent bawen wel. 13.Jh., Strophe 24: Sih bruoder, du solt nit stiller stan! Vierzig meil hastu noch zu gan wol in sant Jacobs minster, vierzehen meil hin hinter baß zu einem stern haißt Finster. *) Finisterre, das Ende der Welt

Domenico Laffi, 1670/73: Am Morgen, nachdem wir die Messe gelesen hatten, begaben wir uns nach Legondi, das ein kleines Dorf ist und gut vier Leguas weit weg ist.

Etappe 33. Melide über Ribadiso, Arzua, Salceda, Santa Irene nach Rua (Pedrouzo), 30 Kilometer

Ein traumhafter Eukalyptuswald stimmt auf das Finale ein.

Hermann Küng von Vach, 1495: Nach vier Meilen kommst du in die Stadt Lucas, dort gibt es jenseits einer Brücke ein Wildbad. Die Stadt ist ungewöhnlich gebaut, was darum jeder mit Wohlgefallen betrachtet. Dann empfehle ich, bei dem Bad über eine Brücke zu gehen, so hast du neun Meilen bis zur zerstörten Stadt. Dort findest du ein Spital, das nichts wert ist.

Letzte Etappe von Rua über San Anton, Lavacolla, San Marcos. Monte do Gozo nach Santiago de Compostela, 25 Kilometer 

Sechs starke Männer schwenken ein Weihrauchfass.

Fotos. Kleines Pilgerdenkmal für den am 25. August 1993 verunglückten Peregrino Guillermo. Irgendwo am Camino eine kleine Ortschaft. Lavacolla: wichtiger Ort für die mittelalterlichen Pilger. Monto do Gozo: Französisches Ehepaar, Denkmal Papst Johannes Paul II. Familie mit Rikscha. Fotos unten. Santiago. Kathedrale. Pilger vor dem Gottesdienst. Jakobus hoch oben. Finisterre, das „Ende der Welt“. Botafumeiro, Weihrauchfass. Heilige Messe mit afrikanischem Bischof.

Domenico Laffi (1670/73): Als wir die Höhe eines Bergzuges mit Namen ‚Berg der Freude‘ erreichten und das so herbeigeflehte Santiago offen vor uns liegen sahen, fielen wir auf die Knie, und die Freudentränen schossen uns aus den Augen. Wir begannen das ‚Te Deum‘ zu singen, aber kaum brachten wir zwei oder drei Verse hervor, denn all zu sehr unterbrachen Tränen und Seufzer unseren Gesang und ließen das Herz erzittern.

Künig von Vach, 1495: Nach neun Meilen kommst du dann zu Sankt Jakob, wenn es dir vergönnt ist, in der Stadt Compostell, die seinen Namen hat. Darauf freuen sich viele brave Reisegefährten.

Hermann Küng von Vach, 1495: Nun möge uns Maria, die reine Jungfrau, mit ihrem lieben Kind helfen, daß wir dem Heiligen Jakob mit Andacht begegnen und daß wir nach diesem Leben unseren Lohn finden und die himmlische Krone empfangen, die Gott Sankt Jakob gegeben hat und allen Heiligen, die in Ewigkeit leben.

Codex Calixtus, 12. Jh.: (…) und schließlich die hervorragende Stadt Compostela, überaus reich an allen Freuden, denn sie verwahrt den Schatz des hl. Jakobus -Leichnams und gilt deshalb als die glücklichste und vornehmste aller spanischen Städte. Ich habe mich auf die Beschreibung dieser Etappen beschränkt, damit die Pilger, die nach Santiago aufbrechen und dies hören, die nötigen Reisekosten im Voraus planen können.

SANTIAGO DE COMPOSTELA
Liber Sancti Jacobi, 12. Jh. Compostela, die erhabene Stadt des Apostels, voller Liebreiz aller Art, die Stadt, die die sterblichen Reste Santiagos aufbewahrt, Grund dafür, dass sie als die glückseligste und erhabenste der Städte Spaniens betrachtet wird.
Wer das elent bawen wel – Lied der Jakobspilger, 13. Jh. Strophe 25. Den Finstern Stern wellen wir lan stan und wellen zu Salvater ein gan, groß wunderzaichen an schawen; so ruofen wir got und sant Jakob an, und unser liebe frawen. Strophe 26. Bei sant Jakob vergibt man pein und schult, der liebe got sei uns allen holt in seinem höchsten throne! Der sant Jacob dienen tuot, der lieb got sol im lonen.
Arnold von Harff, 15. Jh. Compostela ist ein kleines, schönes, gefälliges Städtchen in Galicien, dem König von Kastilien unterworfen. Hier liegt eine schöne große Kirche. Auf dem Hochaltar steht ein großes hölzernes Heiltum zu Ehren von St. Jakob mit einer Silberkrone auf dem Haupt, und die Pilger steigen von hinten an den Altar und setzen die Krone auf ihre Häupter. (…) Vor der Kirche siehst Du unzählige große und kleine Muscheln feilgeboten. Die kannst Du kaufen und Dir eine auf Deinen Mantel binden und sagen, Du seist dort gewesen.

21. Jahrhundert. Vor uns die Kathedrale in voller Pracht, leicht überzogen mit grüner Patina. Ich drehe mich, schaue staunend, lasse die Kamera arbeiten, ringsum nur interessante Gebäude, wende mich Elke zu, nehme sie in den Arm, viel zu spät. Bemerke, dass sie weint — vor Glück. Ich bin zu sehr mit dem Fotografieren beschäftigt gewesen. Jetzt fällt auch von mir alle Last ab.

Epilog. Ausblick. Der Camino de Santigo wird uns weiter begleiten. Vom Somportpass in den Pyrenäen entlang dem Aragonischen Weg südwestlich bis nach Puente la Reina, von dort auf dem Camino Frances immer dem Schatten folgend westwärts — achthundertachtzig Pilgerkilometer Faszinierendes, Eindrucksvolles, Meditatives, Spirituelles, Traumhaftes, Leichtes, Anstrengendes, Schmerzhaftes, Liebevolles, Unvergeßliches — bis zum Grab des Heiligen Jakobus nach Santiago de Compostela

„Es wird dir kein Übel begegnen (…). Denn Er hat Seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ — Paulo Coelho, Auf dem Jakobsweg, 1987.

Zwei Etappen exemplarisch am Stück

Etappen 25. und 26.: Reisebericht Westwärts nach Galicien

Nadel und Faden: Wichtige Utensilien des Jakobsweges.

25. Etappe von Astorga über Santa Catalina de Somoza nach Rabanal del Camino: 19 km

Zwei bemerkenswerte Tagesetappen liegen vor uns. Der Reihe nach. Der Tag beginnt mit einem ausgesprochen guten Frühstück in der Herberge. Wenn es nach mir ginge, wir wären schon längst weg. Es herrscht ein Gewusel am Buffet. Man kommt ins Gespräch, mit Heidrun aus Bremen, lässt den gestrigen Abend Revue passieren, der im Kreis mehrerer Mitpilger bei einem Glas Rotwein ausgeklungen war, mit einigen interessanten Geschichtenerzählern, unter anderen ein Radfahrer aus Freiburg, er sprach von zweitausendvierhundert zurückgelegten Kilometern. Hochachtung.

Es wird ein schöner Tag. Der in Astorga erworbene Pilgerstab gibt endlich das richtige Feeling, wie geschaffen für die letzten Etappen. Fehlt nur noch die Kalebasse, die Trinkflasche aus Kürbis, und das Pilgergewand mit breitkrempigem Hut, die Muschel tragen wir bereits mit uns. Ein Radfahrer überholt uns. Er dreht sich um, ruft uns zu. Wer soll uns hier schon kennen? Meine Verblüffung legt sich. Tatsächlich, er hat uns wieder erkannt, es war auf dem Hinflug. Ein Hannoveraner, und schon ist Elke hellwach. Sie kommt aus Hannover. Wollen uns in Rabanal treffen.

Zu einem anderen Thema. Elke sind die Blasen nicht nur sehr lästig, sie schmerzen arg. In El Ganso legen wir die erste Rast ein. Warum fällt mir jetzt bloß Oklahoma ein? Ja, die Erde ist es, der eigenartig rötlich schimmernde Boden erinnert mich an den Mittleren Westen, den Bible Belt Amerikas, Ausgangspunkt von John Steinbecks berühmten Roman Früchte des Zorns, 1940 eindrucksvoll von John Ford in Szene gesetzt mit Henry Fonda in der Hauptrolle des Oakie Tom Joad. Exakt zwölf Monate zuvor hatte ich mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllt, zusammen mit Gero, dem Zweitgeborenen aus Budapest, die Route 66-Tour gemacht: von Chicago via Missouri, Kansas, Oklahoma, Amarillo/Texas.

Catalina de SomozaDer Glöckner in Action. Die Gedanken spazieren weiter beziehungsweise zurück. In Catalina de Somoza, eine Stunde von hier, hatte es mir der Glöckner der kleinen Ortskirche angetan. Alles scheint noch zu schlafen, nur er ist in Action, traktiert die Glocke, ich nehme an, mit einer Stange oder so. Auf jeden Fall, sie läutet. Warum eigentlich? Es ist doch erst zwanzig vor zehn. Nun denn, es sind noch einige der insgesamt neunzehn Kilometer bis zum Ziel zu gehen. Die Intensität der Sonne nimmt zu. Foto unten.

Santa Catalina. Ein typisches Dorf des Landstrichs. Das einmal hier gelegene Pilgerhospital gibt es nicht mehr. Es leben keine 100 Menschen im Dorf. Die Pfarrkirche besitzt eine Reliquie von San Blas.

Rabanal del Camino empfängt uns in der Mittagszeit, die Sonne scheint erbarmungslos, sie wirft keinen Schatten. Rabanal ist komplett auf die Jakobspilger ausgerichtet. Die ehemalige Templerkirche wird von deutschen Benediktinern unterhalten. Foto unten.

Zuhause werde ich mit einem Mönch in Emailkontakt treten. Die angeschlossene Herberge ist, wie sollte es sein, überfüllt. Ich haste weiter. „Dort drüben ist noch ne` Herberge.“ Jetzt muss alles sehr schnell gehen, die Kräfte lassen nach, trotz der relativ frühen Zeit. Es ist immer das gleiche, am Zielort angekommen, will man sich nur noch hinhocken, die Beine hochlegen. Elkes Gebete zum Herrgott scheinen geholfen zu haben. Die liebenswürdige Herbergsmutter nimmt sich resolut ihrer Blasen an – mit Nadel und Faden bekämpft sie das Übel. Und überhaupt, die Herberge ist klasse, nur fünf Euro für die Übernachtung, sauber dazu, ein Treffpunkt der Einheimischen. Ich mache die Wäsche, Elke hängt sie auf; ihr Steckenpferd — wie zu Hause: gut aufgehängt, halb gebügelt.

RABANAL DEL CAMINO. Schon Aimeric Picaud (Liber Sancti Jacobi) erwähnt im 12. Jahrhundert den Ort als Ende der 9. Etappe — lange Zeit wichtig wegen seiner Lage vor dem Übergang über den Monte Irago. Mehrere Hospize und Kirchen bezeugen dies. Rabanal erfuhr seine frühere mittelalterliche Bedeutung erst wieder mit der Renaissance der Wallfahrten im letzten Jahrhundert. Sowohl die Pilgerherberge San Gaucelmo der englischen Jakobsbruderschaft Confraternity of Saint James als auch die Benediktiner taten sich hervor; vor allem der von der deutschen Erzabtei Sankt Ottilien geförderte Neubau des Klosters Monte Irago in 2001. Heute gibt es im Ort mehrere Restaurants, Hostals und Refugios, privater und kirchlicher Prägung.

Täglich werden bis zu fünf Gottesdienste bzw. Stundengebete wie die Laudes als Morgenlob gehalten. Wir erlebten Vesper und Vigil, das Abend– und Nachgebet, gesungen in gregorianischer Liturgie. Man geht davon aus, dass auch hier, wie übrigens an vielen Stellen des Camino, der Ritterorden der Templer aktiv war.

DIE TEMPLER, gegründet 1119 Anno Domini von Hugo de Payens, hatten sich zum Ziel gesetzt, das Heilige Land vor den Muslimen zu schützen. Das schafften sie bis 1291. In der Schlacht von Akkon wurden sie schließlich von den Mamelucken vernichtend besiegt. Das Heilige Land war verloren, es gab keine Pilger mehr, die es zu schützen galt. 638 A.D. war Jerusalem das erste Mal erobert worden — von Muhammads Gefolgsmann Umar. Der fatimidische Kalif al-Hakim beließ es 1009 nicht mehr bei der nur den Christen auferlegten Religionssteuer: Die konstantinische Auferstehungskirche wurde zerstört, das Heilige Grab, damals eine komplett erhaltene Felsenhöhle, geschleift, dem Feuer ausgesetzt. In seinem Reich wurden in den Folgejahren 30.000 Kirchen enteignet, geplündert, die Christen aus den öffentlichen Ämtern gedrängt oder zur Annahme des Islam gezwungen. Papst Urban II. rief daraufhin 1095 zum gerechten Krieg auf, später als 1. Kreuzzug bekannt geworden.

Der inzwischen dem französischen König Philipp IV. dem Schönen zu groß gewordene Orden wurde an einem einzigen Freitag, dem 13. Oktober 1307 komplett zerschlagen (aus seiner Sicht ein Geniestreich), und 1312 von Papst Clemens V. verboten, einem Papst, der völlig vom König abhängig war. Den macht– und vor allem finanzpolitischen Vorteil, den sich der König damit verschafft hatte, konnte er selbst nicht mehr lange genießen. Wie der äußerst schwache Papst starb auch er im Jahre 1314. Die französische Polizei ging bei ihren Verhörmethoden äußerst brutal vor, ließ sich dabei von Denunziationen leiten, erpresste die Geständnisse mit brutaler Folter. Der letzte Hochmeister Jacques de Molay starb 1314 auf dem Scheiterhaufen. Historiker erkennen in dem von König Philipp IV. initiierten und überwachten Inquisitionsverfahren einen Vorläufer der politischen Schauprozesse des 20. Jahrhunderts.

Rabanal de Camino. Pfarrkirche. Vesper und Komplet. Die klösterlichen Stundengebete sind Elke und mir nicht fremd, fahren ja schon seit Jahren nach Tettenweis ins Nonnenkloster zum Meditieren. Die Vesper ist für sieben, die Komplet für halb zehn angesetzt, Salve Regina inklusive. Schade, dass der Pilgersegen nur in Spanisch erteilt wird. Neben mir schluchzt leise eine junge Spanierin, die Tränen kullern die Wangen hinunter. Welche Gedanken mögen wohl in ihr vorgehen? Sie war uns schon in Astorga aufgefallen. Foto unten.

Das im Restaurant angebotene Tagesmenü entspricht nicht unseren Vorstellungen. So kehren wir schnurstracks zu „unserem“ Refugio zurück. Hier pulsiert das Leben — Treffpunkt der Einheimischen. Und günstig ist es überdies. Das Gespräch mit Christine aus der Bretagne erweist sich allerdings als nicht ganz einfach. Sie spricht kein Englisch. Gleichwohl: Pilgerinnen verstehen sich ohne viele Worte. Elke gestikuliert mit Händen und Füßen; mir ist das zu anstrengend. Heute wird es nicht spät. Ab in die Etagenbetten, morgen stehen respektable sechsundzwanzig Kilometer auf dem Programm – mit einem absoluten Highlight des Camino. Noch beschwingt von der Musik, per Zufall waren wir in ein kleines Fest Einheimischer geraten, fallen mir endlich die Augen zu.

Domenico Laffi, 1670/1673

Wir verließen Astorga und gingen nach Rabanal, 5 Leguas entfernt (…) Hier über-nachteten wir am Fest des hl. Johannes des Täufers, setzten den Weg fort, den Berg hoch zu einem kleinen Dorf (Foncebadon), wo wir die Messe hielten. 5

Hermann Künig von Vach, 1495,

Hütte dich vor dem Rabenel. Gemeint ist offensichtlich der Berg zum Eisenkreuz, dem Cruz de Ferro

Fotos. Santa Catalina. Der „Glöckner“ in Action. Rabanal del Camino. Señora Isabel Rodríguez y su Equipo hilft. Ehemalige Templerkirche. Pilgergottesdienst plus Stundengebete Vesper und Komplet. Später war es gerammelt voll geworden.

Fotos. Rastplatz El Ganso. Rabanal. Herberge Refugio Nuestra Senora del Pilar. Treffpunkt der Einheimischen. Pilgerraum. Pilgermenü. Einheimische beim Feiern (nicht zu sehen der Musiker)

Sechsundzwanzig Kilometer Spirituelles, Meditatives, Nachdenkliches, Eindrucksvolles, Unvergessliches.

26. Etappe von Rabanal del Camino über Foncebadon, Cruz de Ferro, Manjarin, El Acebo, Riege de Ambros nach Molinaseca: 26 Kilometer

Schnell sind die Rucksäcke gepackt, die Wanderstiefel geschnürt, das tags zuvor aufgeladene Mobile in die Tasche gesteckt. Es ist dunkel. Na klar, ist ja auch erst viertel vor sechs. Klar auch, dass es um diese Uhrzeit kein Frühstück gibt. Keiner stört uns. Hoffentlich finden wir den Weg nach Molinaseca.

Elke schreitet voran, sie hat die besseren Augen, sie genießt die Stille, ich konzentriere mich auf den Weg — über die einsamen Montes de León.

Die Gedanken nehmen ihren Lauf. Elke erzählt mir von ihren Beweggründen, sie hat ihren Gott längst gefunden, sie will ihm danken. Ich gebe zu, mir schwirrt der Kopf: Gottsuche, Vernunft, Selbstfindung, 7-Jahres-Rhythmus. Ein tiefes Gefühl durchströmt mich, wie schön kann doch die Welt sein, wie schön Fauna wie Flora. Gut, dass keine Bergbahn hierauf führt. Zum ersten Mal in meinem Leben achte ich penibel darauf, nicht mal eine Ameise zu zertreten. Man wird ja immer wieder gefragt, Was hat dir denn der Weg gebracht, bist du ein anderer Mensch geworden?“ Ich weiß, diese beiden Stunden des Meditierens, der Gespräche mit Elke, auf dieser speziellen Etappe, weit und breit keine lärmenden Touristen, werden mir immer gegenwärtig bleiben. Danke.

Das Cruz de Ferro liegt in Sichtweite vor uns, nach zwei Stunden und 342 Höhenmetern auf 1504 m; für mich der Höhepunkt schlechthin. Zu Hause werde ich meine Fotoshow mit der Musik von Emerson, Lake & Palmer unterlegen. Die Fanfare for the Common Man spiegelt exakt die Stimmung wider — punktgenau justiert. Ein Highlight. Foto unten

Cruz de Ferro. Der höchste Punkt des Camino Frances. Nur der Somport-Pass in den Pyrenäen (Camino Aragones) ist höher. Man vermutet, dass hier ein mittelalterlicher Gutsherr einen seiner Grenzsteine gesetzt hat. Eine andere Variante berichtet von einer Schenkung König Alfons VI. im Jahre 1103 an einen Einsiedler namens Gaucelmo, der hier wohl sein Kreuz aufstellte. Es könnte auch möglich sein, dass bereits die Kelten den Platz für ihre Rituale genutzt haben. Heute bringt jeder Pilger sein Steinchen mit, von zu Hause, legt es auf den großen Haufen, eingedenk der Hoffnung, sich damit von irdischen Unzulänglichkeiten, von den Sorgen befreien zu können. Mittlerweile nutzen viele das Kreuz als Pinnwand für persönliche Dinge (Briefe), aber leider auch für Unschickliches. Auf jeden Fall ein mystischer, für die Kelten ein mythischer Ort.

Traumhaftes Wetter. Die Sonne scheintIch bin ein wenig vorgelaufen, schnell nehme ich das Steinchen, werfe es auf den Steinhaufen, es symbolisiert die auf dem Weg hinter sich gelassenen Sünden, vielleicht schon die erfahrene Läuterung? Ich halte inne. Elke steht die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. Sie ist eine willensstarke, mittlerweile gut trainierte Frau. Stehen minutenlang vor dem Kreuz, registrieren abwesend, gedankenverloren die dort abgelegten Gegenstände, manches Unnützes und Profanes ist darunter. Meditieren ein wenig.

Nach 45 Minuten zeigt sich Manjarin, eine eigenwillige, dem Templerorden nachempfundene Albergue, mit vielen Hunden. Interessant ist der Eingang. Schilder zeigen die Richtung an, unter anderem nach Galicien 70 km, Santiago 222 km, Jerusalem 5000 km, Rom 2475 km. Ebenso zu entziffern die Orte Trondheim, Finisterre und Machupichu, eine alte Ruinenstadt der Inkas. Ein sympathisches französisches Ehepaar spricht uns an, erzählt, dass die Besitzer für Kaffee und Kekse nur eine kleine Spende (Donation) erwarten. Beim Cruz de Ferro hatten sie uns nicht stören wollen. Später werden wir sie in Molinaseca wieder treffen. Danach verlaufen sich die Wege. Foto unten

Domenico Laffi, 1670/73

Wir gingen weiter den Berg hoch. Hier wurden wir von einem fürchterlichen Sturm erwischt, wir bangten um unser Leben. Dem Regen und Wind folgte eine sehr heiße Sonne, die schnell unsere Kleidung trocknen ließ.

El Azebo – 11:25h.Sind noch guter Dinge. Genehmigen uns in einer Bar einen Cafe con Leche, kommen mit einem Nordiren ins Gespräch. „Where are you from? Why are you here? You like the camino?” And so forth. Wir verlassen den Ort, betrachten nachdenklich das Denkmal für einen vor Jahren hier an dieser Gabelung tödlich verunglückten deutschen Radfahrer. Foto unten

Das berühmt-berüchtigte Foncebadon liegt schon lange hinter uns, hatten dort an sich mit einer Hundeattacke gerechnet. Enttäuschend, völlig öde und verlassen, einige Fensterklappen schepperten im Wind; die viel beschriebenen, angeblich so gefährlichen Hunde waren wohl ausgerückt. Jahre später *) lese ich, wie just eine Deutsche sich erfolgreich um die Wiedereröffnung der Herberge in Foncebadon eingesetzt hat. Fotos unten

Foncebadon. Im 12. Jahrhundert errichtete San Gaucelmo hier ein Hospital. Paulo Coelho nutzte den dunklen Ort als Hintergrund für eine dunkle Szene seines Tagebuchs Auf dem Jakobsweg: “Ein starker Schmerz durchfuhr mein Bein, er hatte mir eine tiefe Fleischwunde gerissen. (…) Der Hund griff sofort wieder an. Da stieß meine Hand an einen Stein. Ich packte ihn und schlug verzweifelt auf den Hund ein (…).” Viel schöner klingt es da an anderer Stelle: “Stelle dir vor, dass sich die Heiligen dir nähern, um ihre Hände auf deinen Kopf zu legen, und dir Liebe, Frieden und das Gefühl von Gemeinschaft mit der Welt wünschen.

Wer das elent bawen wel, 13. Jh., Strophe 12

Der vierte haist der Rabanel (von Rabanal zum Cruz de Ferro), darüber laufen die brueder und schwester gar schnell, der fünfe hast in Alle Fabe (O Cebreiro), da leit vol manches bidemans kint auß teutschem lant begraben

Fotos: Auf dem Weg von Rabanal zum Cruz de Ferro + Das Eisenkreuz in der Ferne + Erste Begegnung mit dem Cruz de Ferro + Elke wirft das Steinchen + Umgebung. Kapelle des Jakobus + Weiter nach Manjarin + Foncebadon in 2022 (Foto Karin Adams) und 2006 + Ausgang El Acebo (hier verunglückte ein Radfahrer) + Riege de Ambros + Herberge Molinaseca.

Fotos: Meine Broschüren.

DOMENICO LAFFI, 1636 nahe Bologna geboren, war katholischer Priester und Reiseschriftsteller. Er pilgerte dreimal nach Compostella 1666, 1670 und 1673, jeweils in Begleitung. Hierüber führte er ein ausführliches Tagebuch, das er zum ersten Mal 1673 publizierte. 1681 fügte er die Erlebnisse seiner drei Reisen zu einem Buch zusammen: „Viaggio in Ponente A`SAN GIACOMO DI GALITIA, E FINISTERRA; Di D. Domenico Laffi Bolognese.“

1997 in Englisch übersetzt von James Hall in „A Journey to the West – BY DOMENICO LAFFI – The Diary of a Seventeenth-Century Pilgrim from Bologna to Santiago de Compostela.“  

HERMANN KÜNIG VON VACH, geboren um 1450, war offensichtlich Mitglied des Servitenordens in Vacha an der Werra, nahe Fulda. Er nennt sich dort Terminierer, was Almosensammler bedeutet. Um 1495 verfasst er eine detaillierte Beschreibung des Pilgerwegs nach Compostella. Sie nennt er: „Ich Hermannus Künig von Vach, Mit gottes Hulff wil mach Eyn kleynes Buchelyn Das sal Sant Jacobs Straß genannt syn.“ Mit diesen Worten leitet Hermann Künig von Vach sein, wie er es nennt, kleines Büchlein ein. Er beginnt seine Wegeaufzeichnungen mit dem schweizerischen Einsiedeln, sodass man vermuten darf, dass er den Weg selbst gegangen ist. Künig von Vach geht auch auf das Hühnermirakel von Santo Domingo de la Calzada ein.

Nach Ingrid Schindler, Brühl gibt es mehrere Frühdruckausgaben des gut 650 Verse langen Reimpaartextes „Die walfahrt und Straß zu sant Jakob.“ Konrad Häbler hat diesen Text erstmalig in 1899 veröffentlicht. Später sind vor allem Prof. Klaus Herbers und Dr. Robert Plötz (1996/2004) zu nennen, die sich an die deutsche Übersetzung heranwagten, ihren Pilgerführer DIE STRASS ZU SANKT JAKOB nannten (Thorbecke Verlag, Ostfildern).

Es gibt zudem eine undatierte Straßburger Ausgabe mit dem Titel „Die straß vnd meilen zu sant Jacob vß vnd yn in warheit gantz erfaren findstu in isem buechlin“, sowie eine Druckausgabe mit dem Titel „Die straß zu sant Jacob: in warheyt gantz erfaren“, die 1520 in der Nürnberger Druckerei von Jobst Gutknecht erschienen sein soll. Darüber hinaus ist der verschollen geglaubte Leipziger Druck von 1521 wieder aufgetaucht (Universität Rostock). Er trägt den Titel: „Die strasz vnd meylen tzu sant Jacob auß vnd ein in warheyt gantz erfarn findestu in dysem buchleyn.

RITTER ARNOLD VON HARFF, geboren 1471 auf Schloss Harff am Niederrhein, gestorben 1505, pilgerte wie viele seiner Zeitgenossen zu den drei wichtigsten Pilgerorten: nach Rom, in die Stadt der Apostelfürsten Petrus und Paulus, nach Jerusalem zur Grabes- und Auferstehungskirche Jesu Christi und nach Compostella zum Grab des Apostels Jakobus. Im Verlauf seiner Reise mutiert von Harff mehr denn je zum Abenteurer und Kritiker. „Meine wunderbare und denkwürdige Pilgerfahrt“