Meditation auf dem Weg zum Cruz de Ferro.
Es gibt nicht viele Pilger, die der Meseta etwas Gutes abgewinnen können. Ich zähle mich zu den wenigen. Was macht die Meseta so besonders? Alles das, wofür ich den Camino liebe; alles das, was viele Pilger nicht gewohnt sind: Stille und Einsamkeit, Meditation.
Wir müssen in der Lage sein, in der Stille zu verweilen, in der Meditation, in einer ruhigen und längeren Reflexion; wir müssen es verstehen innezuhalten, um nachzudenken. So kann unser Geist Heilung finden von den unvermeidlichen Wunden des Alltags, kann in die Tiefe der Tatsachen hinabsteigen, die in unserem Leben und in der Welt geschehen, und jene Weisheit erreichen, die es erlaubt, die Dinge mit neuen Augen zu sehen. – Papst Benedikt XVI. aus Predigt vom 31.12.12. Quelle: Benedikt-Impuls, Die Tagespost.
Gedanken eines Filmemachers auf der Meseta
Ende des letzten Jahrtausends, also noch vor dem großen Run auf den Jakobsweg, charakterisierte ein Filmemacher vom Bayrischen Fernsehen die Etappen durch die Meseta mit beeindruckender Dichte, mit der er heute das Gros der Pilger nicht mehr erreichen dürfte.
„Von der Wanderung durch die Meseta sind die Pilger am tiefsten beeindruckt. Auch wenn streckenweise die Landstraße parallel läuft, bleiben sie in dieser abweisenden Landschaft ganz auf sich gestellt, allein mit ihren Gedanken, ganz in ihrem eigenen gleichmäßigen Rhythmus dem Wind und der grellen Sonne ausgesetzt – auf ein fernes Ziel ausgerichtet.
Beim einsamen Gehen lösen sich innere Spannungen, Erinnerungen spülen frei, erlittene Kränkungen und Demütigungen schmerzen nicht mehr, langgehegte Wünsche werden bedeutungslos und ehrgeizig angestrebte Ziele relativieren sich, langes Gehen reinigt und heilt. Vielleicht erwacht darum der alte Pilgerweg zum neuen Leben.“
Pastoralbrief Erzbischof Julian Barrio
- Die Stille ist der Ort des Wortes Gottes, und der Pilger muss auf dem Weg seiner Pilgerschaft meditieren, wie es auch die Pilger von Emmaus taten.
- Im Wort Gottes begegnen wir einer Art und Weise, uns verschiedene menschliche Erfahrungen aufzeigen zu lassen auf der Suche nach dem Guten und der Wahrheit,
- und um die Zusammenhänge zu erkennen,
so der Erzbischof Julian Barrio, Santiago de Compostela, in seinem Pastoralbrief zum Heiligen Compostelanischen Jahr 2010.
Stille – Bruno von Köln
Bruno von Köln (1027 bis 6. Oktober 1101) gibt den Kartäusern *) das Geschenk der großen Stille.
„Sie schweigen. Die Lippen sind verschlossen. Der Mensch kann mit verschlossenen Lippen nur den Buchstaben M sagen. Die Erfahrung göttlicher Wirklichkeit läßt sich nicht in Worte fassen. Und wenn die Lippen sich öffnen, beginnen sie, mit Worten das Unsagbare zu stammeln: Jesus Christus hat das Reich Gottes verkündet.“
Mitten in der Nacht rufen sie (die Kartäuser) zu Gott: „Herr, öffne meine Lippen. Damit mein Mund Dein Lob verkünde“ – Psalm 51,17. „Kommt, laßt uns jubeln vor dem Herrn“ – Psalm 95. Und dann öffnen sie ihre Lippen zum großen Lobgesang.“
Quelle: Betrachtungen von Hermann Rieke-Benninghaus, 2020. *) Kartäuser: Ordo Cartusiensis – von Bruno gegründet mit äußerst strenger Lebensweise/Askese. Der Film Die große Stille aus 2005, ausgezeichnet mit dem bayerischen Filmpreis 2005 und dem europäischen Filmpreis 2006, dokumentiert das Leben der Mönche recht anschaulich; gedreht in der Großen Kartause bei Grenoble.
Die Meseta
Die Meseta (spanisch für Tisch) ist eine Hochebene, ein Hochplateau, das durch Randgebirge begrenzt ist: im Norden durch die Kantabrischen Gebirge, im Süden durch die Sierra Morena; im Südwesten geht die iberische Meseta über in die Extremadura. Im Hochsommer kann das kontinentale Klima seine wahre Kraft entfalten: sengende Hitze, wenig Schatten, da fast keine Bäume. 9 Monate Winter – 3 Monate Hölle (Hitze).
Der Jakobspilger durchquert die Nordmeseta (etwa 650 bis 900 Meter hoch) und einen Teil der Tierra de Campos (von Fromista bis nach Carrion de los Condes) in Ost-West-Richtung. Das gesamte Gebiet umfasst in etwa die Provinz Kastilien-Leon. Auf der Nordmeseta wie auf der Tierra de Campos wird Getreide- und Weinbau, sowie Schafzucht betrieben.
Bezogen auf den Camino des Santiago sprechen wir von einer kurzen Strecke: Bereich kurz vor Hornillos del Camino (925 m) bis Mostelares (910m) kurz hinter Castrojeriz.