Get Your Kicks On Route 66
Letztlich kann nur derjenige die Route 66 begreifen, der sie – nomen est omen – selbst erfahren, selbst erlebt und selbst erspürt hat. Parallelen zum Jakobuspilger resp. zum Camino de Santiago bieten sich an. Zig Tausende vor mir fuhren die Mother Road, zig Tausende nach mir. Ein Mythos.
Nicht umsonst zieht es immer wieder TV-Redakteure und Journalisten hin zur Straße der Sehnsucht. Ihre Dokumentationen waren zu sehen auf arte in 2010; mit Wiederholungen auf Phoenix im April 2013. Einen sehr schönen Zusammenschnitt brachte 3sat in 2019 – allerdings mit dem Schwergewicht auf die Strecke ab Texas/New Mexiko.
The Mother Road
Im Jahre 2005 erfüllte ich mir den ersten meiner Lebensträume in Sachen Fernreisen. Die Route 66. Zusammen mit meinem Sohn Gero aus Budapest. Der zweite folgte ein Jahr später mit meiner Elke mit dem Camino de Santiago, dem Jakobsweg.
Der dritte sollte die Traumstraße der Welt sein, die Panamericana von Alaska bis Feuerland. Für mich reichte es nur für das Teilstück von Dawson Creek in British Columbia / Kanada entlang der Westküste der Vereinigten Staaten bis nach San Diego. Den vierten Lebenstraum zu realisieren, dürfte um ein vielfaches schwieriger sein: den Appalachian Trail in den USA. Er soll mit etwa 3.500 km einer der längsten Fernwanderwege der Welt sein. Von Springer Mountain in Georgia bis zum Mount Katahdin in Main. Träume!
Den letzten Kick gab mir Kultautor Holger Hoetzel. Sein Roadmovie aus den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts war es. Sein Verweis auf Tom Synder, Founder und President der US Route 66 Association. Sein nostalgischer Blick zurück auf den 1946 publizierten Road Guide von Jack Rittenhouse. Und letztlich seine aufgelegte Route 66-Musik ließ mich nicht mehr los. Eine Harley-Davidson stand uns nicht zur Verfügung. Ein amerikanischer Schlitten tat`s auch.
Straße der Sehnsucht
Einmal im Leben auf der Straße der Sehnsucht fahren, von Chicago nach LA, California. Am Besten mit einem Cabriolet. Die Amerikaner nennen es Convertible Car. Oder noch besser: auf einem Motorrad, auf einer Harley Davidson.
Auf Tom Snyder`s Main Street of America. Den Mythos, der sich in den 30er und 40er Jahren herausgebildet hatte, ja, diesen Mythos, der sich bis heute erhalten hat, den wollte auch ich spüren.
Schnurgerade Straßen, endlose Weiten, unwirtliches Land, verwitterte Neonschilder, Truck-Stops, Gespräche mit Einheimischen an der berühmtesten Straße der Welt. Geschichte pur.
Auf John Steinbeck`s Mother Road. Go West.
The Grapes of Wrath – Früchte des Zorns
Wie Okie Tom Joad alias Henry Fonda in John Fords eindrucksvoll in Szene gesetzten Films Früchte des Zorns (Grapes of Wrath). Ein bemerkenswerter Streifen. Zwei der Drehorte aus den 1940zigern werden wir auf unserer Tour sehen. (…) Steinbeck erzählte 1939 die Geschichte des Landarbeiters Tom Joad, der, aus dem Gefängnis entlassen, feststellen muss, dass viele der Nachbarn fortgezogen sind ins gelobte Land, nach Kalifornien. Seine Eltern wollen folgen. Staubstürme, Missernten und neue Agrartechniken hatten Tausenden von Landarbeitern und Farmpächtern den Garaus, den Ruin gebracht. Gnadenlos nutzten Großgrundbesitzer und Banken diese Misere aus, vertrieben rigoros die Landarbeiter; Steinbeck nannte es verbrecherisch. Das Echo war groß. Vielfach wurde der Autor als Volksverhetzer und Klassenkämpfer beschimpft, aber auch als Anwalt der Unterdrückten und Ausgebeuteten gefeiert. Steinbeck erhielt 1940 den Pulitzer-Preis und 1962 den Nobelpreis für sein Gesamtwerk (…)
ERGÄNZUNG OKTOBER 2019 Die arte-Dokumentation „Früchte des Zorns“ aus 2018, Wiederholung am 23. Oktober 2019, regt zum Nachdenken an. Was hat sich seit der Great Depression geändert? Kurzum: nichts. Geschichte wiederholt sich eben doch. Weltweite Bankenkrise 2008/2009, Völkerwanderung seit 2015. Einheimische kapseln sich ab, der Reichtum weniger Menschen nimmt exorbitant zu. Noch während John Steinbeck seinen Bestseller schrieb, nach 100 Tagen hatte er ihn fertig gestellt, fürchtete er um sein Leben. Man drohte ihm. Nur sein Ruhm als Schriftsteller rettete ihn. Vorsorglich hatte er Edgar Hoover, dem allgewaltigen FBI-Chef, diesbezügliche Informationen zukommen lassen. Sein Verleger wollte viele „grausam“ klingende Passagen gestrichen haben. Steinbeck wehrte sich erfolgreich.
Nach der Veröffentlichung in 1939 eskalierte die Situation. Warum? Der Autor hatte offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Kalifornische Farmer verbrannten seine Bücher, Gegendarstellungen versuchten, ihn als Lügner abzuqualifizieren, auch in Filmformaten wie in The Grapes of Goodness. Es half alles nicht. Sein Heldenepos der Gescheiterten wurde über 500.000-mal verkauft. Präsident Roosevelt las den Roman, die First Lady Eleonore schaltete sich vor Ort in Kalifornien ein. Eine Million Obdachlose irrte auf den Straßen Richtung Westen, viele starben ausgehungert, Hunderttausende vegetierten in kalifornischen Camps in den sogenannten „Interior Valleys“, ausgesetzt dem Hass der Einheimischen, ausgebeutet von den kalifornischen Farmern, die, und das ist doch der Treppenwitz der Geschichte, auf Wanderarbeiter und ihre Arbeitskraft beim Abernten der Orangen dringend angewiesen waren und sind. Wie heute im Süden Italiens oder Spaniens.
1936 war der Journalist John Steinbeck nach Kalifornien / San Francisco geschickt worden. Seine investigativen Recherchen brachten das Fass zum Überlaufen. Er schrieb über die katastrophalen Zustände, die in den interior valleys herrschten, informierte die Zeitungsleser der Stadt, brachte sich selbst aktiv ein, vor Ort, in dem er beispielsweise beim Aufbau eines Camps half.
Drei Jahre später in logischer Konsequenz dann sein berühmtester Roman The Grapes of Wrath / Früchte des Zorns. Staubstürme, Bodenerosionen, hervorgerufen durch Überkultivierung der Böden, gnadenloses Ausnützen der Großgrundbesitzer und der Banken, sie hatten den Landbewohnern die Darlehen gekündigt, weil diese – aufgrund der enorm gefallenen Bodenpreise – ihre ursprünglich aufgenommenen Darlehen nicht mehr begleichen konnten. Sie wurden vertrieben. Die Genossenschaften setzten auf die Mechanisierung: riesige Traktoren, bedient von Arbeitern, die keinen Bezug zur Landwirtschaft und zur Natur hatten, durchpflügten Raubtieren gleich wie Ameisen, was die Anzahl der zeitgleich eingesetzten Maschinen anging, die freigewordenen Anbauflächen. Wer war verantwortlich? Antwort: Die Genossenschaft der Großgrundbesitzer, die Bank. Wer ist die Genossenschaft? Niemand. Niemand ist verantwortlich.
Kurzum: Für John Steinbeck war die amerikanische Gesellschaft gescheitert, hatte sie doch die Hyper-Kapitalisierung der Gesellschaft zugelassen (wie in 2008 die Finanzwelt): Milliardäre, die sich nicht um ihre mittelbaren Armuts-Nachbarn kümmerten. Harter Tobak.
The Highway That`s The Best
Eine dem Verfall preisgegebene Route-66-Straße abseits der Interstate Highway.
Gero und Peter Schulze fahren die Straße der Sehnsucht. Die Main Street der USA. Sie spiegelt in einzigartiger Weise den Mythos vergangener Jahrzehnte wider.
Für die von der Great Depression (Große Depression) der 1930er Jahre betroffenen Landarbeiterfamilien, die ihr Heil in Kalifornien suchten, eine Reise voller Strapazen. Wie häufig blieben ihre motorschwachen, klapprigen Autos an den Steigungen stecken. Mit dem Rückwärtsgang schafften sie es. Für uns eine nostalgische Reise.
H. Sperl`s Description of Highway 66
„U.S. Route 66 was christened in 1926. It started at Grant Park in Chicago, reached across more than 2,400 miles, three time zones and eight states – Illinois, Missouri, Kansas, Oklahoma, Texas, New Mexico, Arizona and California – before it dead-ended at Santa Monica Boulevard and Ocean Avenue in LA.
It was the country`s first two-lane road linking the shores of Lake Michigan and the Pacific Ocean. It was Bobby Troup`s „Get Your Kicks On Route 66“, a song that became a state of mind. Because it went through the center of so many towns, it became the „Main Street of America.“ John Steinbeck called it „The Mother Road.“
Mein Reisebericht: Get Your Kicks on Route 66. Straße der Sehnsucht. „The Highway That`s The Best„
Aus meiner Broschüre. „10. April 2005 – Chicago: Ungläubig reibe ich mir die Augen. Wo bin ich eigentlich? In Chicago, im Hard Rock Hotel Downtown. Gero nebenan. (…) Laut hatte er gelacht – irgendwann in 2004 am Telefon, als ich ihm von meinen Plänen berichtete, gemeinsam mit ihm auf der Straße der Sehnsucht, auf der Route 66 zu fahren; er wollte es mir nicht glauben.Und nun geht`s erst mal zu Chico Banks in die B.L.U.E.S.-Bar; nur einige Blocks entfernt. Leider ist dieser großartige Bluessänger wenige Jahre später am 3. Dezember 2008 viel zu früh mit 46 Jahren verstorben.“ Sein Chicago-Blues mit den Stücken „Your Fine“ und das leicht anrüchige „Candy Lickin`Man“ einfach spitze. Wer mehr über ihn wissen will, im Internet aufschlagen.
Bobby Troup`s Get Your Kicks on Route 66
Written and composed in 1946 and later on sung by the Rolling Stones as well. The lyrics follow the path of U.S. Route 66, which traversed the western two-thirds of the U.S. from Chicago, Illinois, to Los Angeles, Californa. Quelle: Wikipedia, 2021.
Lyrics: If you ever plan to motor west, Travel my way, take the highway, that’s the best. Get your kicks on Route 66.
It winds from Chicago to L.A. More than 2000 miles all the way, Get your kicks on Route 66.
Now you go through Saint Louie, Joplin, Missouri, And Oklahoma City looks mighty pretty, you’ll see…
Amarillo… Gallup, New Mexico, Flagstaff, Arizona, Don’t forget Winona, Kingman, Barstow, San Bernardino.
Won’t you get hip to this timely tip When you make that California trip? Get your kicks on Route 66.
Won’t you get hip to this timely tip When you make that California trip? Get your kicks on Route 66… Get your kicks on Route 66… Get your kicks on Route 66!
Fotos – Route 66 – Dokus