Das „Eine“ Evangelium nach Tatian

Ja, das ist korrekt. Der Herder-Verlag vertreibt dieses von der Kirche anerkannte, spezielle Evangelium. Ein Zusammenschnitt aller vier Evangelien von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes. Das Eine Evangelium geht zurück auf den christlichen Apologeten Tatian, der schon im 2. Jahrhundert davon überzeugt war, noch außerhalb des Christentums stehende Mitbürger besser mit einer Zusammenfassung aller Evangelien erreichen zu können. Denn, in der Tat, an einigen Stellen scheinen sich die Evangelien zu widersprechen, aber nur scheinbar. Wie jeder normale Mensch aus einer Diskussion mit seiner Version der Zusammenfassung des gerade Gehörten herausgeht, so haben auch Markus, Matthäus, Lukas und Johannes gehandelt, das Schwergewicht ihres von Jesus Gehörten und Gesehenen aus einer anderen (nicht falschen) Sicht betrachtet; im übrigen auch verschiedene Gruppierungen angesprochen, wie Juden und/oder Heiden, Römer, Asiaten, etc.

Foto umseitig: Christ among the Pharisees. Quelle: commons.wikimedia (gemeinfrei, 23.11.24)

Einheitliche Lebens- und Wirkungsgeschichte Jesu Christi besser verstehen

Das aber kann einen Menschen, der sich dem Christentum, Jesus Christus, zuwenden will, überfordern. Warum nicht also einen chronologischen Zusammenschnitt bringen? Eine einheitliche Lebens- und Wirkungsgeschichte Jesu Christi erzählen? Fragte sich Prof. Peter Löw – wie Tatian, übrigens ein Schüler Justin des Märtyrers (100-165). Leider ist heute nur noch eine althochdeutsche Übersetzung des Diatessaraon (aus vier verfasst) bekannt. Später wurde seitens des Kirchenvaters Athanasius (367) der sogenannte Bibelkanon festgelegt; also neben den vier Evangelien die Briefe des Paulus, Johannes, Petrus, Jakobus, Judas, etc., Apostelgeschichte (Lukas) und auch die Offenbarung (Apokalypse) des Johannes. Man war weiland überzeugt, kein einziges Wort der Evangelien entfallen lassen zu dürfen.

Vortrag Prof. Peter Löw, 11.11.2024

Mission und Re-Evangelisierung

Prof. Peter Löw hielt dazu einen Vortrag im Rahmen der 7über7-Veranstaltungsreihe der Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz (Wienerwald) zum Thema Chancen für Re-Evangelisierung *); mit großer Zustimmung der anwesenden Mönche des Stiftes Heiligenkreuz. Er hat zum einen für die Erstellung des Zusammenschnitts gesorgt, wie auch für die Edition dieses Einen Evangeliums beim Herder-Verlag (gebundene Ausgabe € 24,00), weil er, wie Tatian vor über 1.800 Jahren erkannt hatte, so besser am christ-katholischen Glauben Interessierte erreichen zu können, oder, überhaupt besser gerüstet, in die Mission gehen zu können, wie Jesus es ja gefordert hat: Geht in die Welt und verkündet die Frohe Botschaft, das Evangelium (Markus 16,15 + Matthäus 28,16).

Durch Dopplungen innerhalb der vier Evangelien ist der Gesamtumfang um1/4 geringer ausgefallen. Ab Frühjahr 2025 soll es eine in dem Sinne abgespeckte Version geben, dass (nur) auf die vielen Querverweise zu den Originaltexten der vier Evangelien verzichtet worden ist.

*) der Glaubensabfall in Deutschland ist ja quasi körperlich zu spüren: wie in Österreich, der Schweiz, wie überhaupt in West-Europa und in Nord-Amerika, nicht aber in Afrika und Asien. Dort boomt der Katholizismus, das Christentum generell.

Mein Fazit:

Sich unbedingt das Eine Evangelium besorgen, damit gut gerüstet für Gespräche zu sein: mit den Kollegen, den Verwandten, innerhalb der Familie, mit Freunden, in der Mission. Gut geeignet für junge Menschen, die sich auf die Firmung vorbereiten; für den Bibelkreis in der Gemeinde.

Denn das steht unumstößlich fest: Wir alle sind gehalten, die Frohe Botschaft Jesu Christi zu verkündigen. Das kann natürlich nur mit einem guten Wissen Jesu Worte gelingen.

• Markus 16,15: Dann sagte er zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!
• 1. Petrusbrief 3,15: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt …“

Struktur. Das eine Evangelium

Evangelienharmonie

Herausgeber: Peter und Maximilian Löw. Verlag Herder, Freiburg, 2024. Neben der Einleitung, den Hinweisen zur Benutzung, verrät die Kapitelübersicht 170 Abschnitte. Jeweils rechts oder links neben dem jeweiligen Text ist die Quelle notiert; also entweder nach den Synoptikern Markus (Mk), Matthäus (Mt), Lukas (Lk) oder nach Johannes (Joh). Die nachstehende Auswahl ist mehr oder weniger willkürlich.

• Stammbaum Jesu nach Mk 1,1 resp. Mt 1,1-17
• Geburt Johannes des Täufers (No. 6) nach Lk 1,57-86
• Weihnachtsgeschichte (8) nach Lk 2,1-21.
• Taufe Jesu (No. 16) – Zusammenschnitt von Mt, Lk, Joh.
• Jesus tut Wunder in Karfanaum, No. 25 (Mt 4,13-16).
• Die Berufung der Zwölf folgt an No. 31 (Lk, Mt, Mk).
• Die Jüngerinnen Jesu (53), berichtet von Lk 8,1-3.
• Undsoweiterundsofort.
• No. 117 bezieht sich allein auf Johannes: Der gute Hirt.
• Die Ankündigung der Verherrlichung (123) nach Mt und Joh.
• Die Zeichen des Weltendes (126): Mk, Lk, Mt.
• Das Weltgericht (132) nach Mt 25,31-46.
• Das letzte Abendmahl (No. 137), erzählt von Mk 14, Mt 26, Lk 22, Joh 13.
• Jesus vor dem Hohen Rat, 148. (Lk, Mt. Mk).
• Die Verurteilung Jesu (Joh + Mt) als No. 152.
• Der Kreuzweg (154) nach Joh, Mk, Mt und Lk.
• Das leere Grab (No. 160) nach den Synoptikern Matthäus, Lukas, Markus.
• Die Emmaus-Jünger (165), vornehmlich nach Lukas.
• Der Auferstandene am See von Tiberias (No. 168) nach Johannes).
• Es endet mit Christi Himmelfahrt: No. 170 (Mk, Lk, Joh).
• Im Anhang ab Seite 210 gehen die Autoren resp. Herausgeber auf historische und methodische Erläuterungen ein, insbesondere auf Tatians Diatessaron (Abhandlung aus vier), inklusive der Kritik an der Gattung Evangelienharmonie. Nachwort, Quellen und Literatur ab Seite 251 komplettieren das gelungene eine Evangelium.