Wir sind in der Welt nur auf der Durchreise. Auf der Pilgerschaft. Warum mache ich eigentlich diesen Weg?

Warum tue ich mir das überhaupt an, warum ausgerechnet den beschwerlichen Camino de Santiago, über 800 Kilometer von den Pyrenäen aus? Spätestens am Ende, vor der Kathedrale, beim feierlichen Pilgergottesdienst wird es dem Pilger, der Pilgerin, damals wie heute, klar (gewesen) sein, wie Schuppen von den Augen fallen:

Der Berg der Verklärung (Anm.: die Kathedrale des Apostels Jakobus) steht für die Sehnsucht nach einer zukünftigen Welt, in der keiner mehr weinen muss, außer vor Freude. Was bleibt, sind die Bilder eines Himmels, der sich zuweilen öffnet.“ Quelle: TV-Doku 2003. – Auf der Suche nach Gott –

Foto: Miniatur aus dem Facundus-Beatus: Der Engel vermisst (Anm.: nimmt Maß) das „Neue Jerusalem“ mit einem Stab oder Schilfrohr.

Außerdem zu erkennen: das Lamm Gottes und je ein Satz von zwölf Figuren, Toren und Steinen. – Facundus, pour Ferdinand Ier de Castille et Leon et la reine Sancha – Madrid, Biblioteca Nacional.

Quelle: commons.wikimedia.gemeinfrei.

Die Suche nach Gott

Ich verzweige hier auf die Gedanken eines Ungläubigen (mehr über den Schriftsteller – bitte scrollen *), der sich gleichwohl auf den Weg zu den wichtigsten Marien-Wallfahrtsorten gemacht, Santiago de Compostela nicht außen vorgelassen hat. – Prinzipiell liegt doch allen ernsthaften Pilgern der Gedanke an den Herrn zugrunde, die Suche nach Gott.

Die Geschichte mit / von Paul Claudel (bitte scrollen) kommt einem unwillkürlich in den Sinn, der, 18jährig, Anno Domini 1886 zu Weihnachten aus Langeweile die Kathdrale Notre-Dame von Paris betrat eingedenk des sicheren Wissens, sich über den katholischen Glauben lustig machen zu können. Ergebnis: Bekehrung durch die Jungfrau und Gottesmutter Maria: das gesungene Ave Maria hatte spontan und unwiderruflich sein Leben verändert.

Lourdes. Marien-Wallfahrtsort in den Pyrenäen. Ein Ort, der so manche Ungläubigen veranlasst, den Trubel in der Stadt zu vergessen, sich stattdessen mit den Mysterien der Erscheinungen zu befassen, den Glauben zu finden über die Jungfrau Maria zu Jesus Christus, Gottes Sohn in der Dreifaltigkeit (Trinität)

Was der Camino, was Lourdes und / oder Fatima auch mit einem Ungläubigen machen kann, beweist das folgende Zitat des Protagonisten:

  • Ich stand in der Kirche, indes die Seemöwen kreuz und quer über den Boden streiften und sich die Wellen unten am Strand brachen,
  • und fühlte mich ganz klein angesichts der Tiefe und der Demut der Liebe, die diese einfache Statue geschaffen und hier aufgestellt hatte.
  • Anm.: gemeint war die Statue der Muttergottes mit dem Jesuskind Santa Maria de las Arenas in Finisterre …

Finisterre, Dezember 2024.

*) Robert Ward. Pilgerwege eines Ungläubigen. Unterwegs zwischen Santiago, Fatima und Lourdes. 2002, US-amerikanische Ausgabe: Virgin trails. A secular pilgrimage.

Deutsche Ausgabe 2004, Kreuzverlag, Stuttgart. Von mir gelesen Ostern 2004. – Zum Buchautor Robert Ward: Englischlehrer in Japan und Kanada. Journalist für die Los Angeles Times, Chicago Tribune und Globe and Mail.

Von mir Ostern 2004 gelesen, letztlich mitausschlaggebend für unseren Camino Frances in 2006 – neben Paulo Coelhos Werk über seinen Jakobsweg.

Die Sehnsucht nach einer zukünftigen Welt,

umschreibt nichts anderes denn die himmlische Herrlichkeit. Auszüge in etwa: Seine (die des Pilgers) Sehnsucht ist größer: die auf dem Pilgerweg zu Gott + Diesen Schmerz, (…den) das Lamm erschreckt: eine Umschreibung für das Lamm Gottes, für Jesus Christus, der für uns den Kreuzestod erlitt + Dass ich meine Nase gegen die Fenster des Glaubens gedrückt habe: und dennoch findet der Protagonist sich an Orten wie Lourdes und Santiago wieder.

Martin Luthers Deklamation

resp. seine Aversion gegen das Wallfahren, das Pilgern, vor allem nach Santiago de Compostela (dort könnten auch Hundeknochen liegen), bringt nur dessen Hilflosigkeit als ehemaliger Augustinermönch zum Ausdruck, die er gegen seine bisherige eine, heilige, katholische und apostolische Kirche vorbringen kann, die er Jahre vor seinem Abfall noch in höchsten Tönen gelobt hat, vor allem als er in Rom weilte.

Heute pilgern (eigentlich wandern sie ja, nehmen gerne die christ-katholische Infrastruktur wahr) nicht wenige evangelische Theologen nach Santiago, reihen sich ein in den Mainstream mit dem Diktum:

  • „natürlich war Jakobus nie in Spanien,
  • auf keinen Fall liegen seine sterblichen Überreste in der Kathedrale,
  • aber….
toggle icon