Die Referenten der Jakobsweg-Tagung Ende Oktober 2025 „Zamora, Knotenpunkt der Caminos“ ließen es an Deutlichkeit nicht fehlen. Sie warfen den Protagonisten des Turismo de Galicia vor, zusammen mit dem Domkapitel von Santiago (also letztlich dem Erzbischof) den Jakobsweg für sich vereinnahmen und überhaupt das tolle Engagement der vielen engagierten Pfarrer entlang der vielen Routen nicht berücksichtigen zu wollen, + an sich verschmähen, füge ich hinzu.
Wollen wir das wirklich?
Einen total vorgebuchten Jakobsweg?

Castrojeriz. Koffer und Reisetasche warten auf den Weitertransport. Wer es mag. Nur zur Klarstellung, unsere waren es nicht. Ich trug über12kg und Elke über 10kg auf dem Rücken.
Compostela erst ab 300 km
Weiter im Text gronze.com. Völlig verfehlt sei es doch, einen Jakobsweg zu wollen, auf dem alles durch Vorbuchungen oder Agenturen kontrolliert werde. Ein Ansatz, der Improvisation, Freiheit, Abenteuer und Überraschung unterdrücke. + Ja, der übliche Reisende von heute lässt sich gerne „verreisen“; auf dem Jakobsweg mit Koffer, Bus oder Taxi. + Ich denke, die Verantwortlichen gleich welcher Couleur, mindestens aber die der katholischen Kirche Spaniens sollten dem Wunsch der Touripilger nicht folgen, die 100km-Mindestentfernung für die Compostela / Pilgerurkunde auf mindestens dreihundert Kilometer (300) anheben.
Werte des Camino de Santiago entfalten sich erst auf der Fernroute
Die damit verbundenen Werte Einfachheit, Anstrengung, Solidarität, Demut, Stille, Dankbarkeit und Brüderlichkeit, die Pilger selbst in einer Umfrage genannt hätten, bräuchten aber Zeit, sich zu zeigen, zu entfalten, so der Referent. +
Einwurf: Unsere Erfahrungen diverser Caminos stützen diese These. Beschwerten sich nicht wenige Pilger noch im ersten Fünftel des Weges über die (kath.) Kirche inkl. der üblichen Verdächtigungen plus „natürlich bin ich ausgetreten“, etc., verrauchten diese Anschuldigungen, je weiter die von uns anfangs angesprochenen und später nach mehreren hundert Kilometern wiedergetroffenen Mitpilger gekommen waren, der Camino sie „geschafft“ hatte. +
Warum mache ich das eigentlich? Um dann, wie beobachtet, in Leon zur Heiligen Messe zu gehen, dort über das Ende hinweg zu meditieren, zu beten. + Und dann die Pilgermesse in Santiago in 2006 (unser erster CF) und gleichermaßen in 2011 (Camino Portugues): die Pilger saßen auf dem Fußboden, obschon lange vor Beginn eingetrudelt, ohne Visitation am Nebeneingang. +
Und heute? Zuletzt waren wir Anfang Dezember 2024 dort. Letztlich grauslich, die Stimmung geschäftig, das Reinemachpersonal putzte noch Sekunden vor dem Beginn des Gottesdienstes: nichts Erhabenes, nichts Frommes, nichts Ehrfürchtiges, ….. etc. + Ich war maßlos enttäuscht, sowieso darüber, dass der Haupteingang Westseite geschlossen, die Beichtstühle nicht mehr gut sichtbar waren, das neue Gestühl dem Modernismus angepasst schien …
Weiter im Text. Der Präsident der Internationalen Bruderschaft des Jakobswegs, JC Pérez, weiter zum Leitprinzp der geplanten Aktivitäten der Jakobswegvereine in 2026: „Im Gegensatz zur reduktionistischen Sichtweise des Jakobswegs, die ihn auf wenige Etappen beschränkt, um die Compostela-Urkunde zu rechtfertigen, wird seit seiner Entstehung eine Route mittlerer Länge (Oviedo–León) vorgeschlagen, die die Entwicklung ermöglicht, die nur die Zeit schenkt. + Damit entspricht er in Gänze meinem Ansatz von rund 300 km.
In einem leidenschaftlichen und literarischen Vortrag ging J.A. de la Riera auf die Frage ein, welchen Weg man eigentlich wählen solle.
Doch „um zu wissen, welchen Weg man wählen soll, muss man wissen, woher man kommt“, und diese Herkunft liege in den Lehren von Elías Valiña, dem Erfinder des „Gelben Pfeils.“

Ohne die Lehren des Elias Valina genau er kennen, empfehle ich euch meine Gedanken. Bitte anklicken.
Fortsetzung. Wolle man der Nachwelt einen – nomen est omen – Camino de Santiago hinterlassen und (ich füge hinzu): nicht einen üblichen Touriwanderweg, dann solle man wie die Pioniere in den 1980er Jahre verfahren, quasi ein Revolution initiieren, mit der Erarbeitung nachstehender Themen:
- 1. Förderung der langen Pilgerreise,
- 2. Anerkennung und Schutz des traditionellen jakobinischen Empfangs,
- 3. Durchführung von Bildungsarbeit in den neuen Pilgerzentren und
- 4. entschiedene Verteidigung des physischen Weges und seiner Symbole
Traditionelle jakobinische Gastfreundschaft wieder in der Vordergrund rücken

Zum 2. Punkt ergänzte ein weiterer Referent die Thematik: Anerkennung der traditionellen jakobinischen Gastfreundschaft – verstanden als die bedeutendste Form der Gastfreundschaft im Allgemeinen – als immaterielles Kulturerbe.
Foto. Rabanal del Camino, 2006.
Glücklicherweise hätten die Autonomen Gemeinschaften Navarra, Kastilien und León sowie Asturien diese Initiative aufgegriffen und den unberechtigten Widerstand Galiciens überwunden, denn: falls sich in naher Zukunft nichts Substantielles ändere, drohe die Schließung vieler traditionsreicher Herbergen und das Engagement ehrenamtlicher Hospitaleros würde nachlassen. +
Melide. Heute dürfte der weiland 2006 gebotene, nicht einladende Service wohl einer staatlichen Herberge angemessener sein.

Ein Teilnehmer der Tagung brachte es explizit deutlich auf den Punkt, als er sagte: (deutsche Übersetzung) (…) dass der abgedroschene Slogan, Herbergsbetreiber würden dem Jakobsweg etwas von dem zurückgeben, was er ihnen gegeben hat, ein Trugschluss ist. Denn in Wirklichkeit seien Herbergsbetreiber „wie Vampire“, die sich von der stets privilegierten und bereichernden Interaktion mit den Pilgern nähren – einem wahren Privileg. + Harte Worte.
Teresa von Avilas Eigenschaften
zielführend für die Gastfreundschaft
Als Teresa von Avila-Bewunderer hat mir der Einwurf von Angela, offensichtlich eine Herbergsbetreiberin, sehr gut gefallen, wenn sie Teresas Bescheidenheit und Einfachheit zu ihrem Motto erhebt, Zitat:
- „In Wirklichkeit bieten wir ihnen nichts Besonderes,
- nur eine herzliche und vertraute Behandlung“ .
Zu guter Letzt ging es wieder um „Zamora“, um die Via de la Plata, den Silberweg (Grundlage die Römerstraße nach Emerita Asturica), die während des Pilgerbooms nahezu völllig zum Erliegen gekommen sei. In 2004 passierten noch 5,5% aller Pilger nach Santiago den Knotenpunkt Zamora, heute gesunken auf 1,8%! + Die erste ikonografische Darstellung des Heiligen Jakobus sei übrigens auf dem Silberweg zu bewundern gewesen, nicht auf dem Camino Frances, nämlich das Bild der Heiligen Martha von Tera. Auch sei das erste Kloster von Moreruela, wo sich die Silberroute und die Sanabrés-Route trennen, ursprünglich dem Heiligen Jakobus geweiht gewesen.
Auszüge: Eine äußerst erfolgreiche, kühl bis kalt agierende Managerin … … verliebt sich geradezu in die Einfachheit des Pilgerns. Auf dem Camino Frances gen Santiago de Compostela. – “In den einfachsten Herbergen“, fuhr sie jetzt mit einer merkwürdigen Fröhlichkeit fort, „stellt man dir eine Pritsche zur Verfügung.“
Freundlich aber bestimmt werde sie einem zugewiesen, ohne Widerspruch akzeptiert. Man dürfe Waschräume und Toiletten benutzen; eine Nacht Unterschlupf, Schutz vor Kälte oder Hitze, geschundene Füße pflegen, morgens ein kleines Frühstück zu sich nehmen, danach wieder der gleiche Trott, das gleiche Ritual: sich wieder auf den Weg machen, Ruhe finden, wohltuende Ruhe für die im Leben gebeutelten – auf tausenderlei Arten – verlorenen Seelen. Wer mag, findet Gesellschaft, findet Stille, wie auf dem Weitermarsch am nächsten Tag.
- „Wissen Sie, mein Leben lang erreiche ich alles, indem ich es befehle, klipp und klar,
- denn ich verfüge über genügend Mittel und Unmengen von Mitarbeitern,
- und die Ziele, die ich verfolge, zeigen mir, wenn sie erreicht sind, neue auf.
- Doch hier suche ich genau das Gegenteil: über nichts zu verfügen, nicht zu befehlen,
- ohne Abhängigkeiten oder Hast, ohne Überfluß, Berechnung, Interessen oder Luxus.“ –
Goldene Zeiten des Jakobsweges
Was müssen das für Zeiten gewesen sein, als J. A. Gonzalez Sainz (geb. 1956) seinen Essay Der Lichtstrahl im Gesicht für die Veröffentlichung der Aufsätze, etc. Wege und Umwege nach Compostela – Ein literarischer Jakobsweg in Castilla y Leon freigab +
In 2010 wurde der Sammelband Erzählungen, Gedichte, Essays und Erinnerungen editiert, deutsche Übersetzung in 2017. + Ich möchte einmal davon ausgehen, dass der Autor seinen bis dato unveröffentlichen Essay „La luz en la cara“ um die Jahrhundertwende geschrieben hat: goldene Zeiten des Jakosbweges.