Die Liturgiereform (1963 bis 1970) – Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1962/65 – hat mitnichten den Volksaltar als ein „Muß“ deklariert.
Fotos: Vor und nach dem Konzil. Links: Neugotischer Hochaltar (1872/73) nach dem Zweiten Weltkrieg. Rechts: Bewusst schmuckloses Ambiente: kein Kreuz auf dem Altar, keine Kerzen. In dieser Propsteikirche hat der leitende Klerus der Gemeinde zweimal heftig zugeschlagen, 1965 kurz nach Konzilsende und dann noch einmal als Höhepunkt1994: Hochaltar zertrümmert, Tabernakel in das linke Seitenschiff verbracht, Kommunionbänke und Kanzel entfernt, ebenso die Seitenaltäre. Ein Frevel. Fotoquelle lks.: Wilhelm Tacke. St. Johann in Bremen, S. 105 (Archiv der Propsteigemeinde St. Johann)
Dabei sollte der heute weitgehend übliche Volksaltar, so der verabschiedete Konzilstext, nur als eine weitere Variante dort Verwendung finden, wo er passt. Geradezu in einem Rausch wurden weltweit vielerorts die Hochaltäre entsorgt – zugunsten des Volksaltars ersetzt: Priester/Zelebrant und Besucher des Gottesdienstes schauen sich immerfort in die Augen – versus populum. Zu den römischen Basiliken, die von jeher den Volksaltar kennen, sich aber bei bestimmten Gebeten gen Osten wenden, an anderer Stelle mehr. Übrigens: die protestantischen Gemeinden haben mitnichten ihre schönen Hochaltäre verschwinden lassen. Auch verschwand die Mundkommunion zu Gunsten der Handkommunion, teils im Wegdrehen, Weggehen wie ein Stück Brot eigens in den Mund gesteckt. Heute ist sie – die Mundkommunion – wieder im Kommen, nicht nur bei den traditionellen Gottesdiensten.
Die Zerstörung resp. die rudimentäre Entfernung bisheriger Hochaltäre, vor allem in Deutschland, hat auch nicht vor der Kirche des „Campo Santo Teutonico“ – einer Exklave im Vatikan – Halt gemacht. So heißt es beschönigend auf Seite 49 des Bildbands zum Campo Teutonico aus 2016: „Umfangreiche Restaurierungs-Maßnahmen in den Jahren 1971-1975 beseitigten u.a. den barocken Hochaltar aus Marmor (1705). Das fünfteilige Altarretabel, das zum ersten Hochaltar gehört, wurde erhalten und im Chor aufgestellt.“
Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. bemerkt dazu in seinem Buch Der Geist der Liturgie *), dass das Konzil selbst nicht von der Wendung zum Volk hin spricht, also es auch nicht verlangt hat. Und dennoch geschah das Unfassbare mit der Zerstörung so vieler geschichtsträchtiger Hochaltäre – weltweit.
*) Herder Verlag 2000/2013. Libreria Editrice Vaticana 2005.