Norwegische Nobelpreisträger konvertieren zum Katholizismus. Sigrid Undset. Jon Fosse. Renouveau catholique

„In den nordischen Ländern findet definitiv eine geistliche Erweckung statt. Es gibt jedes Jahr mehr Konvertiten, und wir sehen eine immer größer werdende Gemeinschaft von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, *) die zum Glauben zurückkehren. Es ist offensichtlich, dass die Menschen nach mehr suchen, nach etwas, das größer ist, als sie selbst“; sagt Mathias Ledum, der 2024 in Oslo zum Diakon geweiht wurde.

*) vgl. Entwicklung Gemeinden, die die „überlieferte heilige Messe aller Zeiten“ feiern.

Hannover, Clemens-Basilika, 2024. Beginn der Missa Tridentina um 13Uhr30. Wenn ihr genau hinschaut: Viele junge Menschen, rechts ein Kinderwagen. Links im Querschiff belegte Reihen. Am Altar der Zelebrant + sechs Ministranten.

Sigrid Undset

Eine ungewöhnliche Frau, eine konvertierte Katholikin, eine Antifaschistin dazu. Sie gilt als Norwegens größte und bedeutendste Dichterin. Stichwort: dreibändige mittelalterliche Saga Kristin Lavranstochter. Foto aus 2009: norwegische Stabkirche. Unten mehr zu Jon Fosse, Zweitwohnsitz in Österreich.

Nobelpreis. Lorbeerkranz auf Muttergottes-Altar

Das ihr in 1928 verliehene Preisgeld für den Literatur-Nobelpreis verteilte sie, so der mit ihr bekannte Dominkanermönch Pater Alby, unter anderem zu einem Drittel an eine Institution zur Hilfe für die religiöse Erziehung der Kinder armer katholischer Familien. Den erhaltenen Lorbeerkranz legte sie auf den Muttergottesaltar in der Dominikanerkirche in Oslo ab. Für sie selbst behielt sie nichts.

Vita Sigrid Undset

Norwegische evangelisch-lutherische Stabkirche. Aufnahme aus 2009.

Sigrid Undset: geb. 20. Mai 1882, gest. 10. Juni 1949. Eltern lutherisch, Vater Ingvald (stirbt früh) gleichwohl Agnostiker, Mutter schließt sich später der katholischen Kirche an. Ab 1909 lebt sie als freie Schriftstellerin. In ihren Auslandsreisen zieht es sie besonders nach Rom; 1924 tritt sie zur katholischen Kirche über.

Die Konversion weg von der lutherischen Staatskirche Norwegens hin ausgerechnet zur röm.-katholischen Kirche erregte größtes Aufsehen. Als kompromisslose Gegnerin des Nationalsozialismus (viele Norweger hatten bekanntlich mit dem Nazi-Regime kollaboriert) floh sie überstürzt nach Schweden, um später sich in New York niederzulassen. Das Storting, Parlament von Norwegen, ordnete zum Tod der großen Dichter ein Staatsbegräbnis an.

Undsets religiöse Entwicklung

Katholische Kirche von Jesus Christus gegründet

In ihrer Jugend sah sie im historischen Jesus ein religöses Genie. Daraus entwickelten sich langsam weitere Fragen nach dem Motto: das allein kann Jesu Sogwirkung nicht ausreichend erklären. Sie fühlte sich eh emotional mehr von der katholischen denn von der nüchternden evangelisch-lutherischen Kirche ihres Landes angesprochen.

„Ich habe nie daran gezweifelt“, sagte sie einmal, „dass die katholische Kirche die von Jesus Christus gegründete Kirche sei.“ – Die Geschichte der Reformation verstand sie dann folgerichtig als eine Geschichte eines Aufstandes gegen das Christentum. Außerdem behagte ihr nicht der vorherrschende Pluralismus und Liberalismus der lutherischen Staatskirche, der zu einem recht willkürlichen Subjektivimus führte. Ihr Essay „Rückkehr zur katholischen Kirche“ zeugt von ihrer Gedankenwelt. Beklagenswert die theologische Indifferenz der lutherischen Protagonisten: „Wir hatten den Glauben an die Lehre von Gott, die unsere Väter festhielten (…) schon in den Tagen der Kindheit verloren.“ Der Religionsunterricht hatte ihr zudem vermittelt, dass der Glaube eine Geschmackssache sei.

Sie aber deklamierte: „Auf dieser Welt können wir nur zu einer Freiheit gelangen, zu derjenigen, von der Unser Herr spricht, wenn Er sagt: ‚Die Wahrheit wird euch frei machen.'“ Diese Freiheit könne man nur bewahren im ständigen Kampf gegen Mächte der Versuchung, und man solle sich nicht zurücksehnen in Zeiten, in denen man selbst bestimmt habe, was wahr sein soll.

Sigrid Undsets Einfluss auf die Katholiken Norwegens

  • Sie hat es vermocht, die Norweger daran zu erinnern, dass Norwegen einst katholisch war, dass der Glaube ein Geschenk sei, das verloren, zurückzugewinnen sei.
  • Sie hat den Weg für die Gründung einer katholischen Gemeinde geebnet.
  • Ihr Werk hat viele Menschen zum katholischen Glauben geführt.
  • Sogar ein aktuelle (2024) Erstkommunionkatechetin wurde selbst durch die Lektüre von Undset zur Kirche geführt.
  • Quelle: kath.net

Ihre Romane

… sind Epen-gleich. Wie ihre drei Bände Kristin Lavranstochter aus 1920 – 1923, wie ihr nicht weniger umfangreicher Roman Olav Audunssohn aus 1925. In allen Büchern schildert die Protagonisten ihre Sicht mittelalterlichen Lebens. Garniert mit offensichlich grandiosen, plastischen Natur- und Landschaftsbeschreibungen. Sie geht natürlich auf das religiöse Leben der Zeit ein, weil integrativer und organischer Bestandteil ihrer Handlungsstränge: Folgen der Sünde wie der Eigenmächtigkeit.

Gott weiss alles

So fallen im Roman Audunssohn die bemerkenswerten klugen Worte: „Gott weiß alles, aber er wartet darauf, deine Stimme zu hören, nicht um zu züchtigen, sondern um zu vergessen.“

Für Sigrid Undset war die Sache klar: Auch durch unterschiedliche Zeitalter und Kulturen ist der Mensch doch stets der gleiche geblieben, nämlich der Sünde verhaftet und der Erlösung und Gnade Gottes bedürftig. Sitten und Gewohnheiten würden sich in der Tat ändern, nicht aber die Herzen der Menschen; diese zu ändern, vermöge nur Gott.

Bemerkenswert anders die beiden Doppelromane Gymnadenia und Der brennende Busch, aus 1929/30. Sie beschreibt darin die wie ein freisinnig und liberal erzogener Paul Selmer zu einem überzeugten katholischen Christen wird. Nach Ansicht von Matthias Hilbert verarbeitet Sigrid Undset hierin im umfangreichen Maße ihre eigenen religiösen Überzeugen.

Quelle: u.a. Matthias Hilbert, Gottesfinder, 2021, Steinmann Verlag Neuenkirchen.

Literatur-Nobelpreisträger Jon Fosse. Umwege zum Katholiszismus

Zitat kath.net:  Der norwegische Literaturpreisträger Jon Fosse hat in seinem Schreibprozess zum Katholizismus gefunden.

  • „Mir fiel etwas ein, und ich wusste nicht, woher es kam. Mein Geist öffnete sich für das, was man im katholischen Kontext die unsichtbaren Dinge nennt“,

beschrieb Fosse seine „spirituelle Suche“ im Interview mit der Quartalszeitschrift der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“. Nachdem er als Teenager der norwegischen Kirche den Rücken gekehrt hatte, führte die Lektüre von Meister Eckhart den 65-Jährigen, einst Atheist und dann Quäker, zum Katholizismus. Er teile die geistliche Haltung des damals als Häretiker verurteilten Denkers und Dominikaners und sei kein Dogmatiker, wie er betonte:

  • „Nur das Mysterium des Glaubens zählt, und dass du versuchst, Teil davon zu sein.“

Ausblick

Die große Zeit des „Renouveau catholique“

Gemeint sind französische Autoren, die sich im gleichnamigen Kreis zusammenfanden, um die Gesellschaft und das Geisteslebens aus christlich-katholischem Geist heraus zu erneuern.

Notre-Dame de Paris, Westfassade 2014.

Quelle: wikipedia.org, gemeinfrei commons.wikimedia (22.11.24). His file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.- Attribution: DXR / Daniel Vorndran

Hier in Notre-Dame erfuhr Paul Claudel sein Erweckungserlebnis als 18-jähriger zu Weihnachten 1886, als er einem Chor zuhörte, der die Vesper sang. Hineingegangen in die Kirche war, um sich zu belustigen, seine Vorbehalte bestätigt zu sehen. Ein Ave Maria veränderte sein Leben, sein Geistesleben.

Protagonisten wie Georges Bernanos (1888-1948; Widerstandskämpfer, von General de Gaulle gefördert), Leon Bloy (1846-1917); Charles Peguy (1873-1914), Joris-Karl Huysmans (1848-1907); Francois Mauriax oder Paul Claudel (1868-1955); Jacques Maritain und Frau Raissa, u.v.a.m: Schriftsteller, Dichter, Künstler, junge Priester. Sie alle einte ihr katholischer Glaube, zum Teil in der Konversion errungen.

Spätestens seit der 68er-Kulturrevolution kam es zum Ende des „Renouveau catholique“. Katholische Positionen zu beziehen, galt als nicht mehr opportun.

Schriftsteller, Literaten: Leuchttürme ihres christlichen Glaubens

Weitere Schriftsteller folgten, die vor dem Hintergrund ihres christlichen Glaubens sich nicht scheuten, ihre Werke oder Dichtkunst zu gestalten: Oben genannte Sigrid Undset, T.S. Eliot, Evely Waugh, C. S. Lewis, G. K. Chesterton, Bruce Marshall, Graham Green, Dorothy L. Sayers; Werner Bergengrün, Reinhold Schneider aus Deutschland, wie Edzard Schaper, Stefan Andres, Gertrud von le Fort und Elisabeth Langgässer. Aber auch protestantische Autoren namens Ernst Wiechert, Jochen Klepper, Manfred Hausmann, Albrecht Goes, Willy Kramp, Rudolf Alexander Schröder, Ina Seidel.

Selbst der aus katholischem Milieu kommende Heinrich Böll hatte sich vom französischen Kreis, insbesondere von Leon Bloy, prägen und beeinflussen lassen. – Die große Zeit des „Renouveau catholique“ ist vorbei. Derzeitige gläubige Dichter sollten sich gleichwohl nicht scheuen, in einer Gesellschaft, die Gott leugnet, ihren christlichen Glauben romanhaft zu verarbeiten. Martin Mosebach ist so einer; ein Anhänger der überlieferten Messe aller Zeiten, Traditional Latin Mass, allemal. Mein Tipp: Gerne einmal seine Romane googeln. Es lohnt sich. –

Ich werde versuchen, auf einige der hier genannten Protagonisten noch näher einzugehen. Sie sind Leuchttürme, die etwas wagen, nicht klein beigeben, sich dem veröffentlichten Mainstream entgegenstemmen.