Vorwurf Inquistion. Niederlande größter Sklavenhändler im 17. Jh. Belgisch-Kongo. Verfolgung der Indios. Menschenopfer bei den Azteken. (21.11.2023)
Manfred Lütz, der bekannte katholische Bestsellerautor, Psychotherapeut, Chefarzt und Theologe, brachte es im März 2014 in seinem Interview mit Radio Vatikan auf den Punkt: Der Mythos der Wissenschaftsfeindlichkeit der katholischen Kirche (es ging um Galileo Galilei) werde weiterhin wider besseres Wissen vehement tradiert, dabei habe selbst die atheistische Giordano Bruno-Stiftung postuliert, dass Galileo Galilei nicht von der katholischen Kirche verfolgt worden sei. Der weltberühmte Physiker Werner Heisenberg hatte zuvor ergänzt, dass die Position der Inquisition vertretbar gewesen sei. Galilei war weiland lediglich aufgefordert worden, seine Erkenntnisse vorläufig nur als Hypothese zu erklären.
Der Mythos der Leyenda negra ist analog zu begreifen. Bis heute werden die Spanier unberechtigter Weise verdächtigt: Stichwort Inquisition, Hexenverfolgung.
Wer kreierte den Mythos wann?
Protestantische Mächte wie Holland und England und protestantische Kirchen im 16. Jahrhundert. Zwei protestantische Autoren taten sich hervor: John Foxe (Buch der Märtyrer, 1554) und Reginaldo Gonzales de Montes (Bericht über einige Listen der Heiligen Spanischen Inquisition, 1567).
Warum? Aus Machtkalkül. Gegen wen? Gegen das katholische Spanien, die dominierende politische Macht des frühneuzeitlichen Europas. Die katholische Kirche Spaniens habe die Unterdrückung und Ausbeutung der Ureinwohner Lateinamerikas legitimiert, sie ihrer Kultur beraubt und sie als Menschen zweiter Klasser definiert. Frontalangriff gegen die katholische Weltkirche.
Schwarze Legende und Kaiser Karl V. (1500-1558) König von Spanien (1517)
Prof. Heinz Schilling, deutscher Historiker (geb. 1942), stützt diese These (Frontalangriff gegen die katholische Weltkirche) in seinem mit der „Welt“ geführten Interview vom 16. Mai 2020 „Der verkannte Kaiser“, in dem er postuliert: „Wir müssen bei der Reputation von Karl die „schwarze Legende“ bedenken, an der die protestantischen Länder Nordwesteuropas gestricht haben, um Spanien zu diskreditieren.“
Die Niederlande wie England hätten in der gesamten frühen Neuzeit keine „ähnliche moralisch-ethische Diskussion über ihre Kolonialreiche zugelassen, wie sie Karl bereits zu Mitte des 16. Jahrhunderts in Spanien initiierte.“ Karl sei Burgunder, nicht Habsburger, er sei bis zu seinem Lebensende durch den niederländischen Humanismus geprägt gewesen.
Die katholische Kirche bietet zugegebenermaßen eine profunde Angriffsfläche resp. Projektionsfläche der eigenen Vorstellungen. Die von den Päpsten angeführte katholische Kirche, mittlerweile 2.000 Jahre alt, ist die einzige Institution, die schon immer dem Mainstream widerstanden hat; in letzter Zeit allerdings nicht mehr in Gänze.
Der Sieg des Abendlandes – Niedergang Spaniens
Gegenaufklärer Prof. Rodney Stark *) befasst sich vor allem mit der seit Jahrhunderten und immer noch währenden anti-katholischen Propaganda und dem abwertenden Mittelalter-Klischee. Er weist in seinem Buch nach, dass das Mittelalter menschheitsgeschichtlich eine gigantische Epoche zwischen dem 6. und dem 15. Jahrhundert dargestellt habe. Warum? Weil es das Christentum gab mit einer zukunftsorientierten Theologie, die Vernunft und Logik zusammenbrachte. Auf keinen Fall nicht finster und dunkel.
So nimmt es nicht wunder, dass schon früh das katholische Spanien ad absurdum geführt werden sollte. 1673 beschrieb der englische Reisende Francis Willighby den Niedergang Spaniens wie folgt: 1.) eine schlechte Religion. 2.) tyrannische Inquisition. 3.) allzu viele Huren. 4.) Unfruchtbarkeit des Bodens. 5.) erbärmliche Faulheit des Volkes, vergleichbar mit der der Waliser und Iren. 6.) Vertreibung der Juden und Mauren. 7.) viele Kriege und Plantagen.
Ja, das Spanien des 16. Jahrhunderts hatte sich überhoben, es konnte das riesige Reich von den Philippinen bis nach Österreich und Italien und den amerikanischen Doppelkontinent nicht mehr kontrollieren. 200.000 Soldaten, zumeist Söldner, kämpften, letztlich vergebens, wie die Niederlagen gegen England und Holland dokumentieren. Spanien hatte seine Soldaten nicht bewaffnen können, es hatte keine eigenen Waffenfabriken, keine Munition.
Letztlich sind es aber die katholischen Könige Isabella I. und Fernando V.,
die nach wie vor im Fokus der Kritiker, der Mainstreamfollower stehen. Ihre Kritiker können es nicht verkraften, dass ausgerechnet ein katholisches Spanien es in 1492 schaffte, sich endgültig von den doch in allen Bereichen angeblich so überlegenen moslemischen Mauren befreit zu haben – mit dem Fall Granadas, der Kapitulation der Mauren, der Übergabe der Stadt und der Alhambra. Die Re-Conquista war endlich Geschichte. Fakt ist, dass sich die Kriegskosten hierfür ins Immense gesteigert hatten, von den sich Spanien nie richtig erholen konnte. Das aber steht hier nicht zur Debatte.
*) Prof. Rodney Stark, 1937-2022. US-Amerikanischer Religionssoziologe. The Victory of Reason. How Christianity Led to Freedom, Capitalism and Western Success, 2005. In Europa berühmt geworden durch sein wenige Jahre später erschienes Buch Gods Bataillions: The Case for the Crusades (Gottes Krieger).