25. Etappe 2006. Die Sonne scheint erbarmungslos, sie wirft keinen Schatten. Foto: Buspilger. Rabanal ist komplett auf die Jakobspilger ausgerichtet. Die ehemalige Templerkirche wird von deutschen Benediktinern unterhalten. Zuhause werde ich mit einem Mönch in Emailkontakt treten.
Herbergsmutter hilft Blasen bekämpfen

Die angeschlossene Herberge ist, wie sollte es sein, überfüllt. Ich haste weiter. „Dort drüben ist noch ne` Herberge.“ Jetzt muss alles sehr schnell gehen, die Kräfte lassen nach, trotz der relativ frühen Zeit. Es ist immer das gleiche, am Zielort angekommen, will man sich nur noch hinhocken, die Beine hochlegen. Elkes Gebete zum Herrgott scheinen geholfen zu haben. Die liebenswürdige Herbergsmutter nimmt sich resolut ihrer Blasen an – mit Nadel und Faden bekämpft sie das Übel.
Und überhaupt, die Herberge ist klasse, nur fünf Euro für die Übernachtung, sauber dazu, ein Treffpunkt der Einheimischen. Ich mache die Wäsche, Elke hängt sie auf; ihr Steckenpferd — wie zu Hause: gut aufgehängt, halb gebügelt.

Aimeric Picaud, 12. Jahrhundert
Rabanal del Camino. Schon Aimeric Picaud (Liber Sancti Jacobi) erwähnt im 12. Jahrhundert den Ort als Ende der 9. Etappe — lange Zeit wichtig wegen seiner Lage vor dem Übergang über den Monte Irago. Mehrere Hospize und Kirchen bezeugen dies. Rabanal erfuhr seine frühere mittelalterliche Bedeutung erst wieder mit der Renaissance der Wallfahrten im letzten Jahrhundert. Sowohl die Pilgerherberge San Gaucelmo der englischen Jakobsbruderschaft Confraternity of Saint James als auch die Benediktiner taten sich hervor; vor allem der von der deutschen Erzabtei Sankt Ottilien geförderte Neubau des Klosters Monte Irago in 2001.

Heute gibt es im Ort mehrere Restaurants, Hostals und Refugios, privater und kirchlicher Prägung.— Täglich werden bis zu fünf Gottesdienste bzw. Stundengebete wie die Laudes als Morgenlob gehalten. Wir erlebten Vesper und Vigil, das Abend– und Nachgebet, gesungen in gregorianischer Liturgie. Man geht davon aus, dass auch hier, wie übrigens an vielen Stellen des Camino, der Ritterorden der Templer aktiv war.
Der Templerorden
Die Templer, gegründet 1119 Anno Domini von Hugo de Payens, hatten sich zum Ziel gesetzt, das Heilige Land vor den Muslimen zu schützen. Das schafften sie bis 1291. In der Schlacht von Akkon wurden sie schließlich von den Mamelucken vernichtend besiegt. Das Heilige Land war verloren, es gab keine Pilger mehr, die es zu schützen galt.
638 A.D. war Jerusalem das erste Mal erobert worden — von Muhammads Gefolgsmann Umar. Der fatimidische Kalif al-Hakim beließ es 1009 nicht mehr bei der nur den Christen auferlegten Religionssteuer: Die konstantinische Auferstehungskirche wurde zerstört, das Heilige Grab, damals eine komplett erhaltene Felsenhöhle, geschleift, dem Feuer ausgesetzt. In seinem Reich wurden in den Folgejahren 30.000 Kirchen enteignet, geplündert, die Christen aus den öffentlichen Ämtern gedrängt oder zur Annahme des Islam gezwungen.
Papst Urban II. rief daraufhin 1095 zum gerechten Krieg auf, später als 1. Kreuzzug bekannt geworden.
Geniestreich 13. Oktober 1307
Haftbefehl König Philipp IV.; ausgestellt am14. September 1307, dem Fest Kreuzerhöhung.
Eine Meisterleistung. Für alle Templer galt ohne Ausnahme: verhaften, gefangenhalten, dem Urteil der Kirche zuführen (capti tenantur et ecclesiae iudicio preserventur), ihre Besitztümer und bewegliche Habe beschlagnahmen, zu treuen Händen aufbewahren (omnia bona sua mobilia et immobilia saisiantur et ad manum nostram saisita fideliter conserventur), so stand es im o.g. Haftbefehl.
Die königliche Kanzlei hatte an alle „Dienststellen“ in Frankreich versiegelte Briefe mit der Auflage versenden lassen, sie erst am Freitag, den 13. Oktober 1307 zu öffnen. Offensichtlich hatten sich alle Dienststellen daran gehalten (auch heute denkbar!?), und nicht nur das, sie verhielten sich strikt entsprechend dem Inhalt, führten die Haftbefehle exakt aus. Diese landesweit konzertierte Aktion verhinderte den Austausch der Templerbrüder untereinander, Warnungen waren nicht mehr möglich. Die fast gleichzeitigen Verhaftungen überraschten sie völlig – in Philipps gesamtem Machtbereich. Nur zwölf Ritter konnten entkommen, darunter nur ein einziger Würdenträger. Die Verhaftungswelle war das bis dato best durchorganisierte, polizeiliche Kommandounternehmen, wie das erste bekannte seiner Art in der Geschichte. Quelle: Wikipedia (26.10.21).
Warum das Ganze? Dem französischen König Philipp IV. dem Schönen war der Orden zu groß und zu mächtig geworden. Dessen Pfründe wollte der König selbst einstreichen. Er entblößte sich nicht, falsche Beschuldigungen zuzulassen, zum Beispiel Homosexualität, u.a.m. Wie oben erwähnt, wurde der Orden an einem einzigen Tag des Jahres 1307 komplett zerschlagen (aus seiner Sicht ein Geniestreich), und 1312 von Papst Clemens V. schließlich verboten, einem Papst, der völlig vom König abhängig war.
Den macht– und vor allem finanzpolitischen Vorteil, den sich der König damit verschafft hatte, konnte er selbst nicht mehr lange genießen. Wie der äußerst schwache Papst starb auch er im Jahre 1314.
Die französische Polizei ging bei ihren Verhörmethoden
… äußerst brutal vor, ließ sich dabei von Denunziationen leiten, erpresste die Geständnisse mit brutaler Folter. Der letzte Hochmeister Jacques de Molay starb 1314 auf dem Scheiterhaufen. Historiker erkennen in dem von König Philipp IV. initiierten und überwachten Inquisitionsverfahren einen Vorläufer der politischen Schauprozesse des 20. Jahrhunderts.

Die Politiker lernen halt nichts dazu. Wie auch?
- „Wenn ihr wüsstet, mit wenig Aufwand von Verstand die Welt regiert,so würdet Ihr Euch wundern“, sagte über zweihundert Jahre später Papst Julius III. (1550-1555