Die mit 20 Bögen bestückte Brücke beeindruckt wohl jeden Pilger, der die Route von Leon über Villar de Mazarife wählt. Wir muteten uns weiland gleich die komplette Strecke zu: 37 Kilometer am Stück: verrückt; die 23. Etappe geht im Detail darauf ein (später mehr).

Foto aus 2006.
Die spanische Webseite caminosantiago.org widmet dieser Brücke gleich einen ganzen Artikel: Titelüberschrift: Die kleine Stadt mit der längsten mittelalterlichen Brücke auf dem Jakobsweg. Aus ihm werde ich einige Passagen übernehmen,
ergänzend dazu einige Passagen meines Reiseberichtes: Dreihundert siegreiche Lanzen, Asphalt und Karrenwege. – 23. Etappe von León über Fresno del Camino, Villar de Mazarife nach Hospital de Orbigo: 37 Kilometer.
Zunächst geht der Autor auf die generelle Bedeutung des Jakobsweges ein, beginnend mit dem 9. Jahrhundert, seiner Geschichte, den Auf und Ab`s, den Krisen des Camino de Santiago:
Zitat: „Im 16. Jahrhundert erlebte der Jakobsweg eine schwere Krise, die mehrere Gründe hatte. Erstens hatte die Sensibilität humanistischer Intellektueller einen negativen Einfluss, ausgehend von der ironischen Kritik, die Erasmus von Rotterdam dem Thema Pilgerfahrt widmete. Eine Kritik, die sich bei Luther verhärtet. Die protestantische Reformation und die Religionskriege in den deutschen Gebieten und in Frankreich werden die Zahl der Pilger auf dem Camino reduzieren. Mit dem offenen Krieg zwischen dem kaiserlichen Spanien Karls V. und Frankreich setzte sich diese Situation der Spaltung fort und verschärfte sich in der Zeit Philipps II. sogar noch, als er die Grenzen schloss, um den Einzug des Luthertums in seine Königreiche zu verhindern.“
Um sogleich den „Pflichtstopp“ auf dem Camino Frances
ins Visier zu nehmen, nämlich das kleine Städtchen Hospital del Orbigo: es habe zwar weniger als 1.000 Einwohner – aber könne mit der längsten mittelalterlichen Brücke entlang der gesamten Route aufwarten. Zitat dem Sinne nach: Die Pilger mußten auf ihrer Reise viele Flüsse überqueren. Also wurde der Bau von Brücken als unerlässlich erachtet, wie eben in Hospital de Órbigo. Die Puente del Paso Honroso, wie sie genannt wird, ist fast 300 Meter lang und überquert seit Jahrhunderten den Fluss Órbigo, sodass Reisende, hauptsächlich Pilger, die Stadt erreichen konnten und nach wie vor können.
Extrakt meines Reiseberichtes: Es ist kurz vor halb fünf. Ich laufe voran, im wahrsten Sinn des Wortes. Will sehen, ob die Herberge noch freie Plätze hat. Belegt. Das hat mir noch gefehlt. Ich mache ein Foto — von der tollen Brücke. Die mit ihr verbundene Geschichte des Ritters Suero de Quinones wird mich erst in zwei Stunden interessieren. Ich gehe schnell weiter…

An der Brücke hinten links gibt`s ein Hostal. Egal, was ein Zimmer kostet, ich nehme es. Elke kommt, der Juniorchef spendiert uns eine große Flasche kaltes Wasser. Das Zimmer ist okay. Bar jeder Vernunft lasse ich mich mit allen Klamotten am Körper aufs Bett fallen, versinke in den Tiefschlaf. Halb sieben, es hilft nichts, stehe auf, der Schüttelfrost hat sich gelegt, die Unterwäsche muß ausgewaschen werden, Elke bleibt noch ein bisschen liegen, ich beeile mich, der Laden nebenan macht gleich zu. Ist doch toll, wie schnell man regeneriert.

Beeindruckend die mittelalterliche Brücke mit ihren 20 Bögen. Sie wurde berühmt durch den leonesischen Ritter Suero de Quinones.
Er soll während des Heiligen Jahres 1434 in der Zeit vom 10. Juli bis 9. August auf dieser Brücke alle vorbeikommenden pilgernden Ritter herausgefordert und, so heißt es, dreihundert Lanzen siegreich geritten haben. Er tat dies aus einer Verpflichtung einer Dame gegenüber, namens Dona Leonor de Tovar.
Die Besiegten verpflichtete er, fortan keine Pilger mehr zu berauben, sodass diese weiter ungehindert nach Santiago reisen konnten.
Suero de Quinones selbst pilgerte im Anschluss der Wettkämpfe zum Sant`iago nach Compostela. Das Blaue Band der Dame mit der Liebeserklärung an ihren Ritter soll in der Reliquienkapelle von Santiago aufbewahrt sein.
Zitat spanische Webseite: „Seit 1997 werden am ersten Juniwochenende im Hospital de Orbigo die mittelalterlichen Turniere abgehalten, die als „Paso Honroso“ (Ehrenhafter Durchgang) bekannt sind. In Erinnerung an diese Heldentat und als Touristenattraktion wurde das Fest zum regionalen touristischen Interesse erklärt. Tausende Damen, Ritter, Kaufleute, Bauern, Könige, Hexen, Hofnarren, Mönche, Gastwirte … alle in ihren schönsten Kleidern, mit Schildern, Schwertern und Musik, füllen die mit Bannern und Flaggen geschmückten Straßen der Stadt, Märkte und Gasthäuser. Das Festival erreicht seinen Höhepunkt am Sonntagnachmittag mit dem Großen Turnier im Palenque, bei dem die Ritter mit ihren Damen und Knappen erscheinen, um sich auf dem Rücken ihrer Pferde mit den Lanzen gegenüberzutreten und so den Sieg des Sohnes des Grafen von Quiñones nachzubilden.“
In seinem Buch Iberia. Reisen und Gedanken (1968.69) läßt James A. Michener, Pulitzer-Preisträger, den Cronista von Leon, Don Angel Suarez Ema, zu Wort kommen. Er bestätigt im wesentlichen obige Geschichte, kann aber mit mehr Details aufwarten, die hier wiederzugeben zu umfangreich wäre
Eintausend Jahre zuvor soll sich 434 auf der Brücke ein fürchterliches Gemetzel abgespielt haben. Die Westgoten schlachteten danach die hier lebenden Sueben ab. König Alfons III. (9./10. Jh.) hatte die Brücke als Schauplatz für seinen Kampf gegen die Mauren genutzt; während die Bewohner des Landstrichs sie seit römischer Zeit als Teil des Viehtrasse Camino de la Canada ansahen.



