Die Literatur über den spanischen Bürgerkrieg ist unerschöpflich. Ich beschränke mich auf die bekannten Schriftsteller Ernest Hemingway, Amanda Vaill, James A. Michener und Joan Sales; die ersten drei von ihnen US-Amerikaner, Joan Sales ein Spanier, genauer gesagt Katalane, aktives Mitglied der Anarchisten.
Es gibt offensichtlich keine ernstzunehmenden Schriftsteller,
zumindest nicht jene, deren Werke ins Deutsche übersetzt worden sind, die parteiisch die Seite der Franquisten gezeichnet hätten. Erst heute in den 20zigern wagen sich spanische Historiker aus der Deckung und kritisieren sehr deutlich die Versuche vor allem der spanischen Regierung, das historische Gedächtnis manipulieren, sprich ausradieren zu wollen.
Das sei besonders bedenklich, da bereits 1931 (fünf Jahre vor Ausbruch des Bürgerkrieges) Vertreter der Volksfront mit „revolutionären Exhumierungen“ begonnen hätten. Dabei seien Gräber von Klerikern und Ordensleuten aufgerissen, die Laien herausgezerrt als „Beweis“, dass nach dem Tod nur die Verwesung sei – als „Sieg“ über die Religion und die Kirche. Mehr dazu unter katholisches.info vom 28. Juli 2017. Auch beschrieben in dem Bestseller von Joan Sales, einem Anarchisten, in seinem Buch „Flüchtiger Glanz“ (s.u.)
James A. Michener – Pulitzer-Preisträger
Iberia. Reisen und Gedanken, 1968
Etwa 15.000 ermordete Priester und Nonnen und 14 Bischöfe, von denen keiner durch Verleugnung seines Glaubens dem Martyrium zu entgehen suchte.
by Random House, Inc. Deutsche Ausgabe 1969, Knaur. US-Amerikanischer Schriftsteller (1907-1997). Für sein Erstlingswerk Tales of the South Pacific erhielt er 1948 den berühmten Pulitzer-Preis.
- „Eines aber behaupten wir mit aller Bestimmtheit: dass der Krieg von jenem Teil des spanischen Volkes gewonnen wurde, der ein spanisches Spanien einem zum Satelliten Rußlands abgesunkenen Spanien vorzog.“– Seite 612.
Auf Seite 608 listet der Autor, er war kein Anhänger Francos, eine kurze Statistik auf mit Bezug auf das Buch La Guerra Civil de Espana von Georges-Roux (1964):
- 900.000 Tote, darunter 175.000 Ermordete.
- Über 170 Männer- und Frauenklöster in Gänze abgebrannt,
- nahezu 1.900 Klöster unbewohnbar, etwa 3.000 Klöster teilweise zerstört.
- Etwa 15.000 ermordete Priester und Nonnen und
- 14 Bischöfe, von denen keiner durch Verleugnung seines Glaubens dem Martyrium zu entgehen suchte.
Der Autor geht übrigens sehr detailliert auf den Camino de Santiago ein, den er mehrere Male gegangen sei resp. bereist habe. Ein äußerst interessantes Buch; wohl nur noch antiquarisch zu besorgen. An anderer Stelle mehr.
Joan Sales, Katalane
Incerta Gloria. Flüchtiger Glanz, 1956 (2015)
„Die Anarchisten haben alles geplündert, nachdem sie die Mönche umgebracht hatten.„

Grabstein Joan Sales. Interessant das Kreuz auf dem Grab in Siurana, Priorat. Ist es der Tradition geschuldet?, oder ist Sales letztlich doch christ-katholisch geblieben oder wieder geworden? Ja! *) Quelle: wikipedia, gemeinfrei (29.10.24) Jordi Gili.
Sales was a convinced Christian Democrat and committed Catalan nationalist. Following his return from exile, he joined the Democratic Union of Catalonia (Catalan: Unió Democràtica de Catalunya). He explained that he became a Catholic during the Civil War, having seen so many corpses and that the UDC was the only party without any blood on its hands.[1] He conceived his masterpiece, Uncertain Glory, as a testament to his dead comrades: „I sought to bear witness to that which I had experienced, against the black lie – the Falangists – and also the red lie – the Falangists first and then the Communists.“[1] – Quelle: wikipedia, english (17.01.25).
2015 ist sein in 1956 in Spanien unter Franco publiziertes Buch INCERTA GLORIA endlich ins Deutsche übersetzt worden, Carl Hanser Verlag. Es handelt sich um den Klassiker der katalanischen Literatur schlechthin. Geboren 19. November 1912 in Barcelona, gestorben ebenda am 12.11.1983. Als Anarchist war er selbstverständlich auf der Seite der Linksrepublikaner (Sektion Anarchisten) – 1936 als Vierundzwanzigerjähriger.
Joan Sales` Roman Flüchtiger Glanz beschreibt, und das zeichnet den Autor aus, eben auch die Grausamkeit der Anarchisten selbst, der Gegner Francos. Auf Seite 41 sind folgende Sätze zu lesen:
- „Die Anarchisten haben alles geplündert, nachdem sie die Mönche umgebracht hatten.
- Die Muttergottes (Anm.: eine Statue ist gemeint) ist nicht mehr da (…).
- Tote Mönche, die aus den Grabnischen gezerrt wurden.
- (…) die armen Tagelöhner; und die haben sie als Faschisten an die Wand gestellt, bloß weil sie für die Mönche gearbeitet haben (…).“
Mehrere Seiten später beschreibt der Autor, was die Anarchisten mit den aus den Gräbern herausgerissen Mumien (verstorbene Mönche) so ‚angestellt‘ haben:
- die Laien herausgezerrt, aufgestellt, fotografiert: als „Beweis“, dass nach dem Tod nur die Verwesung ist – als „Sieg“ über die Religion und die Kirche.
Amanda Vaill, US-Schriftstellerin
Hotel Florida – Wahrheit, Liebe und Verrat im spanischen Bürgerkrieg, 2014
Das Buch der US-amerikanischen Schriftstellerin Amanda Vaill Hotel Florida thematisiert en passant die übelsten Kämpfe der Volksfront untereinander, an vorderster Front die der Kommunisten unter der Führung der Sowjetunion.
Die Autorin erzählt von Ernest Hemingway, der sich, wie viele linke Intellektuelle, immer wieder im Hotel Florida (in Madrid) einquartiert hatte. Sie erzählt von seiner Nähe zu den Kommunisten. Zitat Seite 441:
- „(…) Diese Kritiker wären sicher erstaunt gewesen, hätten sie von Hemingsways Beziehungen zur Sowjetunion gewusst,
- die immerhin noch so herzlich waren, dass der KGB (Geheimdienst) ihn 1941 unter dem Decknamen „ARGO“ als Spezialagenten rekrutierte.“
Amanda Vaill erzählt von Eric Blair alias George Orwell
George Orwell: berühmt seine Romane „1984“ und „Farm der Tiere“. Blair war am 15. Dezember 1936 nach Barcelona gereist, um als Freiwilliger auf der Seite der Republikaner zu kämpfen. Erst Monate später erkannte er das wahre Gesicht der Stalinisten, die bekanntlich eine wichtige Rolle auf der Seite der Volksfront spielten – Stichwort Säuberungen, denen er nur knapp entkam, sein Leben gerade noch retten konnte, weil er Mitglied der „falschen“ trotzkistischen (kommunistischen) Partei war, der P.O.U.M. – Heute zählt der Protagonist zu den berühmstesten Schriftstellern Englands. Er wird gegenwärtig häufig zitiert ob seiner Beschreibungen in seinem dystopischen Roman „1984“.
Amanada Vaill erwähnt Herbert Frahm alias Willy Brandt, den späteren Bundeskanzler, der entsetzter Zeuge des kommunistischen Doppelspiels wird: wie die stalinistischen Kommissare dafür sorgten, Konkurrenten des eigenen Lagers gewaltsam mit den perfidesten Mitteln auszuschalten.
Amanda Vaill schreibt von ihrer Wahrheit: dem Stellvertreterkrieg zwischen Faschismus und Kommunismus und Stalinismus – In die Welt hinaus telegrafiert von Arturo Barea und Ilsa Kulcsar.
Fake-Fotos
Im weiteren Verlauf ihres Buches wird sie allerdings zugeben, dass viele „Wahrheiten“ gefiltert worden seien, einseitig zu Gunsten der Volksfrontregierung, namentlich der Kommunisten – von den Pressezensoren eben jener Volksfrontregierung in Madrid. Das ginge so weit, dass später berühmt gewordene Bürgerkriegsfotos sich als gestellt, im wahrsten Sinn des Wortes als gespielt herausgestellt hätten. Heute würden wir sagen „Fake News – gefakte Fotos.“
Nur über erbitterte Franco-Gegner
Sie schreibt fast ausschließlich von erbitterten Franco-Gegnern
- wie Martha Gellhorn, der berühmten Romanautorin und Schriftstellerin, Bekannte von Eleanor Roosevelt, der Ehefrau des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt (32. Präsident von 1933 bis zu seinem Tod am 12. April 1945).
- von Dos Passos, berühmter amerikanischer Romancier und Journalist;
- von kommunistischen Filmemachern aus Holland;
- von Andre Malraux, dem französischen Romancier und anfänglichen Stalinist;
- von Robert Capa aus Ungarn (eigentlicher Name: Andre (Endre) Friedmann) und seiner großen Liebe Gerda Taro (beide berühmte Kriegsfotografen);
- vom Pressezensor der Volksfrontregierung in Madrid Arturo Barea und Ilsa Kulcsar (österreichische, sozialistische, vielsprachige Aktivistin);
- von Jose (Pepe) Quintanilla, dem skrupellosen Chef der Geheimpolizei von Madrid (Volksfront);
- von Kurt Hager mit Decknamen (späteres Mitglied des SED-Politbüros);
- vom russischen Journalist und Spanienkorrespondent der Prawda, Michail Kolzow, den Stalin später ermorden ließ, et ecetera.
Ernest Hemingway, US-Amerikaner
Wem die Stunde schlägt, 1938. „Ich weiß, daß auch wir schreckliche Sachen gemacht haben.“

Der zu den berühmtesten Autoren der USA zählende Ernest Hemingway schrieb über seine von ihm empfundene Wahrheit 1938 in Havanna die ersten Sätze seines berühmten Romans Wem die Stunde schlägt. Arturo Barea kommentierte den Roman wie folgt (Seite 441): „(…) Er wollte am Kampf Spaniens direkt Anteil haben. Da er aber keinen Anteil hatte an den Vorstellungen, dem Leben und den Leiden der Spanier, konnte er sie in seiner Fantasie nur nach dem Spanien formen, das er kannte. (..) Hemingway sei immer ein Zuschauer gewesen.“
vgl. auch Reisebericht Westwärte Etappe 4
Hemingway glorifiziert in seinem Roman nicht nur die heldenhafte Selbsttötung verwundeter Partisanen, nein: er glorifiziert den heldenhaften Kampf „indoktrinierter“ Partisanen, zumeist des Lesens und Schreibens unkundig, gegen die Feinde der Demokratie, also gegen die Faschisten. Robert Jordan, ein junger US-Amerikaner, zu Hause Dozent, berät und führt die Partisanen mit dem Ziel, eine strategisch wichtige Brücke zu sprengen. Die Partisanen sind die Guten, selbstverständlich, sind sie doch, vormals christ-katholisch gläubig und entsprechend erzogen, nunmehr Atheisten, Sozialisten oder – noch besser – Kommunisten. Ihre verübten Greueltaten (Gegner morden) seien verständlich, da sie ja eine bessere, gerechtere Welt anstrebten: ohne Kirche, ohne Großgrundbesitzer, ohne (….)
Letzlich kommt auch er nicht umhin, die Grausamkeiten der Republikaner, der Volksfront, der Gegner Francos zu beschreiben: Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten, aufgestachelte Bauern und Landarbeiter:
- „Ich weiß, daß auch wir schreckliche Sachen gemacht haben. Aber nur deshalb, weil wir ungebildet waren und es nicht besser verstanden. Sie (gemeint sind die Faschisten) haben es absichtlich und bewußt getan.“ – Seite 356. *)
- Seite 130: “und da sah ich den Saal voller Menschen, die mit Knüppeln und Dreschflegeln drauflosschlugen und stachen und stießen, und die weißen hölzernen Gabeln schwangen, die jetzt rot waren, und die Zinken waren abgebrochen (…)
- Und ich sah den Pfarrer, und die Verfolger hackten mit Sicheln und Rübenmessern auf ihn ein (…)!“
- Seite 118: „>Don Faustino, a sus ordenes, zu Ihren Diensten, im Himmel gibt es hübsche Mädchen<, (…)
- und sie führten ihn an den Rand der Klippe (…) und die Bauern und die harten Burschen hockten sich schnell hinter ihn, wie er so dakniete, und versetzten ihm einen heftigen Stoß, und er schoß über den Rand des Felsens, und man hörte ihn im Fallen laut schreien, mit gellender Stimme.“
- Seite 249. Hotel Gaylord, Madrid. Karkow, ein sowjetischer Journalist, zu Robert Jordan: „Ja, wir vertilgen und vernichten diese leibhaftigen Teufel und den Abschaum der Menschheit (…) sie werden ausgerottet.
- Aber sie werden nicht ermordet. Verstehen Sie den Unterschied? (…)
- Glauben Sie nicht, daß das spanische Volk es nicht eines Tages bereuen wird, daß es gewisse Generale, die noch heute Befehlsposten haben (gemeint sind offensichtlich diejenigen in den eigenen Reihen), nicht rechtzeitig erschossen hat. Ich liebe Erschießungen nicht, Sie verstehen.“
Diese wenigen Beispiel mögen genügen. Hemingway beschreibt diese en masse – mit Wonne, wie mir scheint.
Quelle: Ernest Hemingway. Wem die Stunde schlägt. For Whom the Bell Tolls, 1940. Übertragung Paul Baudisch, 1. Januar 1955, gebundene Ausgabe im Verlag S. Fischer. Verfilmt 1943 mit Gary Cooper und Ingrid Bergmann.
In den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts zog es Ernest Hemingway zurück nach Madrid, zurück ins Hotel Florida, zurück nach Pamplona (zum Stierkampf; vgl. Etappe 4 )und Barcelona, ungeachtet der Franco-Diktatur, die er doch so vehement bekämpft hatte. Die Annehmlichkeiten des leichten Lebens obsiegten.


