Provinzstädte Astorga, Burgos, León. Jede Stadt ist unverwechselbar. Burgos, eine Industrie- und Handelsmetropole, ist eng mit El Cid verbunden. León ist bekannt für seine religiösen Feste und (Karfreitags-) Prozessionen. Astorga ist völlig zu Recht stolz auf seine römisch geprägte Vergangenheit. Alle drei Städte eint indes ihr mittelalterlicher Bezug, ihre Nähe zum Jakobusweg und die Schönheit ihrer Kathedralen. Kenner zählen sie zu den imposantesten und eindrucksvollsten Spaniens. Mein Reisebericht geht darauf ein: Etappe 14 beschreibt Burgos, die Etappen 22 und 23 gehen auf León ein und Etappe 24 konzentriert sich auf Astorga.
Astorga – Asturica Augusta
Eine römische Stadt. Astorga trug in der Römerzeit den Namen Asturica Augusta: Hier liefen vier große Straßen zusammen, darunter die sogenannte Silberstraße, die römische Nord-Südverbindung, die von Sevilla nach Galicien führt.
Der Name der Stadt geht zurück auf das Volk der keltiberischen Asturer. Der Ort wurde 17 v. Chr. von den Römern einverleibt. Anfang des 8. Jhs. wurde Astorga, inzwischen christlich geworden, von den Mauren erobert, bereits 753 A.D. im Rahmen der Reconquista von König Alfons I. von Asturien aber wieder zurückgewonnen. Seit 850 Bischofssitz; heute eine der größten Diözesen Spaniens. Die Kathedrale Santa Maria aus dem 8. Jahrhundert kann mit einem prächtigen spätgotischen Hauptportal aufwarten, eingerahmt von vielen biblischen Figuren. Nebenan befindet sich der Bischofspalast von Antonio Gaudi; er beherbergt das Museum der Wege, Museo de los Caminos. Die Stadt blickt auf eine lange Tradition der Süßwarenherstellung zurück. Berühmt ist nicht nur die in allen Varianten kreierte Schokolade, vor allem das Blätterteiggebäck Hojadres und das feine Butterschmalzgebäck Mantecados hat es den Genießern angetan.

König Ordoño I. Statue in Madrid. Andres de los Helgueros, 1759-53. Von 850 bis 866 König von Asturien. Er sorgte für die Sicherung und Wiederbesiedlung (Repoblacion) der entvölkerten, neu eroberten Gebiete unter anderem in Astorga und Leon (856).
Plinius der Ältere nannte die Stadt „Urbs magnifica“ – großartige Stadt. Plinius, er lebte von 23/24 n. Chr. bis zum 25.08.79 (Tod aufgrund des Vulkanausbruchs des Vesuvs), agierte in Spanien von 70 bis 72 als römischer Procurator, auch zuständig für die Staatseinkünfte Roms. Wie viele seiner Zunft universal tätig als Jurist, Redner, Schriftsteller, Wissenschaftler, Offizier (nahm am Feldzug gegen die Germanen teil) und schließlich auch als Verwaltungsbeamter.
FotoQuelle: Ordoño I de Asturias. commons.wikimedia (06.04.25), gemeinfrei
Astorga wurde sowohl von den Goten wie von den Arabern zerstört. König Alfons I. von Asturien eroberte die Stadt schon 753 im Rahmen der Reconquista zurück. Um 850 wurde ein Bischofssitz eingerichtet. Das Bistum zählt heute zu den größten Spaniens. Im 9. Jahrhundert unter Ordoño I. erlebte Astorga eine Blütezeit. Im 10. Jahrhundert wurde die Stadt ein letztes Mal von den Moslems verwüstet, diesmal vom Heerführer Almanzor.
Für die Pilger nahm Astorga eine wichtige Station ein, als letzte größere Stadt zwischen Leon und Compostela, außerdem unmittelbar vor dem Aufstieg zum Rabanal- und Manzanalpaß gelegen. Zahlreiche Hospitäler und Klöster sind beredtes Zeichen der Wichtigkeit der Stadt. Das größte war San Juan. Hier und/oder im Hospital von San Roque soll der heilige Franz von Assisi 1273 auf der Durchreise nach Santiago übernachtet und gleichermaßen das Kloster San Francisco gegründet haben.
Die Stadtmauer scheint nach der Römerzeit erbaut worden zu sein, da aus Bruchsteinmauerwerk mit Ziegelresten bestehend, darunter römische Inschriften. Bischof Nuno ließ sie um 1230 restaurieren, Jahrhunderte nach der Zerstörung durch Almanzor.
FotoQuelle: Catedral de Santa Maria. Astorga. commons.wikimedia (06.04.25), gemeinfrei

Es gab unterschiedliche Stadtviertel: für die Franken, sie bauten sich ihre Kirche Maria von Rocamadour, wie zwei für die Juden mit einer Synagoge.

Die spätgotische Catedral de Santa Maria de Astorga wurde im 15. Jahrhundert (1471) auf den Fundamenten einer romanischen Kirche aus dem 8. Jahrhundert errichtet, manche Historiker sprechen von einem Vorgängerbau aus 1069; beendet schlussendlich erst im Jahr 1703 mit der Fertigstellung der beiden Türme.
Wir sprechen somit von verschiedenen Baustilen wie Spätgotik mit den Kirchenschiffen und den Kapellen, platereske Elemente der Portale der Westfassade und im Südportal letztlich Formen der Renaissance. Als Baumeister des dreischiffigen Gottteshauses kommt Simon de Colonia infrage, der Sohn von Juan de Colonia, der wiederum als Baumeister der Kathedrale von Burgos gilt.
Der linke Turm wurde in 1755 infolge des starken Erdbebens beschädigt, der Wiederaufbau erst 1965 beendet. Zwischen den beiden Türmen befindet sich eine Barockfassade der Jahre 1678 und 1704. Erwähnenswert sind der Hochaltar, die Nußbaumkanzel und verschiedene Skulpturen wie die der Unbefleckten Empfängnis und das Hauptportal.
Das Hauptportal besticht durch Skulpturen, die auf die Kreuzabnahme Jesu hinweisen, auf Allegorien der Frömmigkeit und Unschuld, auf die Vertreibung der Händler aus dem Tempel. Auf der südlichen Apsis ist außen Pero Mato auszumachen, ein Lokalheld aus dem 16. Jahrhundert, der einer Legende zufolge einer der Teilnehmer der Schlacht von Clavijo gewesen sein soll.
Der Hochaltar entstammt dem Jahr 1558 und zeigt Szenen Mariens, unter anderem ihre Aufnahme in die himmlische Herrlichkeit. Leider kann ich nur zwei Fotos aus dem Innenbereich zeigen: alle falsch belichtet.
In der nördlichen Apsis beeindruckt die Figur der Virgen de la Majestad aus dem 12. Jahrhundert, das Chorgestühl soll Juan de Colonia 1515 entworfen haben. Am Eingang des Gotteshauses empfängt der heilige Michael die Eintretenden, integriert in einem Altar.
Der Kreuzgang des 13. Jahrhunderts, in 1755 neu gestaltet, schließt die Beschreibung der bemerkenswerten Kathedrale ab.

An jenem Pilgertag Ende April 2006 begann die Rosenkranzandacht, Rosario, um 19:00h und mündete automatisch in die Heilige Messe um halb acht. So manche der anwesenden Pilger und Pilgerinnen erkannten wir später in Rabanal del Camino wieder. – Links neben der Kathedrale befand sich das Hospital San Juan. Da die Pilger immer die Hauptkirche besuchten, legte man die Hospitäler und Herbergen gern in der Nähe an.
Quelle: Kunst- und Kulturführer von Bettina Marten, Reclam aus 2011.
Der benachbarte Bischofspalast ist ein Werk von Antonio Gaudi;
letztlich fertiggestellt in 2014. Erste Bauphase von 1887-1893. Gaudi hatte seinen bischöflichen katalanischen Landsmann Juan Bautista Grau Vallespinos vom Bau dieses Palais`überzeugen können. Der Bischof starb 1893, die nächsten drei Bischöfe wollten sich wohlweislich nicht mit dem Superpalast identifzieren, ließen den Bau unvollendet und Gaudi gab das Projekt auf. 1905 engagierte Bischof Julian de Diego y Garcia Alcolea einen Madrider Architekten mit der Fertigstellung, ohne auf die Planung Gaudis zurückgreifen zu können: zweiter Stock und das Dach, da Gaudi kein Interesse mehr zeigte.

Seit den 1960ziger Jahren wird der Palast infolge Anordnung von Bischof Marcelo Gonzales Martin als Museum genutzt mit Bezug zum mittelalterlichen Jakobsweg. Die vorangegangenen Bischöfe hatten sich geschämt, hierin zu residieren.
Wo hat Gaudi nicht überall seine Spuren hinterlassen? Wir kennen von ihm die Neogotische Casa de Botines in León, sein Beitrag zum Stadtbild dieser tollen Stadt, ehemals Hauptstadt des Königreiches Asturien‐León. León, geprägt von der Reconquista, beherbergt darüber hinaus die schönste gotische Kathedrale Spaniens. Gaudis Vita ist faszinierend, ein Künstler, der sich in bemerkenswerter Klarheit zu seinem katholischen Glauben bekannte; der Heilige Stuhl hat das Seligsprechungsverfahren eingeleitet. Gaudi heiratete nie, er entschied s ich für ein asketisches, zölibatäres Leben. Der letzte weltliche Bau, bevor er sich ganz der Sagrada Familia widmete, war die Casa Mila in Barcelona (1906 bis 1910), sein größtes Wohnhausprojekt. Die von ihm erdachte natürliche Belüftung machte Klimaanlagen überflüssig. Gaudi plante bereits damals eine Tiefgarage ein.
Albergue San Javier bei Söhnke. Das tut richtig gut, keine schnarchenden Mitpilger neben sich zu haben, sich ordentlich ausbreiten zu können; die Duschen allerdings sind eindeutig zu heiß, kaum regulierbar, der Service dagegen gut. Jahre später kommt diese Herberge in der Beurteilung vieler Pilger nicht mehr so gut weg. Cest la vie.
Ich bin Söhnke von der Herberge dankbar für dieses Arrangement. Er ist ein Aussteiger aus einer norddeutschen Kleinstadt; er will sich hier eine neue Existenz aufbauen – schon recht bald mit neuer Freundin eine eigene Herberge managen. Ob er es mittlerweile geschafft hat? Vielleicht sehen wir ihn ja wieder. Seine Geschichte mit allen denkbaren ups and downs des Lebens fasziniert. Den Jakobsweg kennt Söhnke wie kein anderer. Schon dreimal erwanderte er den kompletten Camino de Frances, hin und zurück. Ich rechne erst gar nicht nach. Bin froh, wenn ich die ausstehenden rund zweihundertsiebzig Kilometer schaffe, ohne Blessuren.

Astorga heute berühmt für Süßes
Die Stadt, derzeit leben in ihr rund 12.000 Einwohner, blickt auf eine lange Tradition der Süßwarenherstellung zurück. Berühmt ist nicht nur die in allen Varianten kreierte Schokolade, vor allem das Blätterteiggebäck Hojadres und das feine Butterschmalzgebäck Mantecados hat es den Genießern angetan.
Spektakuläre Wandgemälde
Kaiser Octavio Augustus – Antonio Gaudi – symbolische Pilgerschuhe. Geschaffen vom Künstler David Esteban.
Auszüge: Mit dem neuen Graffiti verwandelt sich Astorgas-Eingang in eine Open-Air-Galerie, die das Wesen der Stadt feiert. Die Wandgemälde verschönern nicht nur die Stadtlandschaft, sondern bieten den Besuchern auch einen originellen Empfang, der Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet, Schlüsselfiguren wie Augustus und Gaudí hervorhebt und die Pilger an die Bedeutung ihres Weges und die Transzendenz der lokalen Geschichte erinnert.
Auszug Reisebericht 24. Etappe.
Die Albergue in Astorga ist ein Glücksgriff. Gaudi und Ratzinger.
18 km liegen hinter uns, sind früh dran, es ist erst halb eins, 5 Stunden auf gut zu gehenden Wegen. Obschon: die letzten 5 km zogen sich sehr. Von weitem glänzt eindrucksvoll die Silhouette Astorgas mit ihren römischen Mauern: Asturica Augusta. Die letzten Stufen der schmalen Gasse, scheinbar ein Hindernis, auch sie werden überwunden. Elke
cremt sich Beine und Füße ein. Keiner stört uns. Ein Raum mit zwölf Etagenbetten nur für uns. – Man muss nicht Spanisch verstehen, um den Gottesdienst verfolgen zu können, er ist überall auf der Erde identisch, katholisch
halt. Ich gebe zu, beim zuvor gebeteten Rosenkranz bin ich nicht ganz bei der Sache. Die
Postkarte in der Herberge, befestigt an einem TShirt, ist sie wirklich von Joseph Kardinal Ratzinger,
unserem jetzigen Papst Benedikt XVI., eigenhändig geschrieben?, wie uns Söhnke Glauben machen will; fabelhaft.











Fotos aus 2006.