San Juan de Ortega. Brückenkonstrukteur. Tagundnachtgleiche. Äquinoktium      

Heilige prägen Ortschaften. Der Camino Frances ist ohne die Ordensleute San Juan de Ortega und Santo Domingo de la Calzada nicht denkbar. Beide Mönche waren mittelalterliche – nomen est omen – Brückenbauer, tatsächliche und dem Geiste nach. Beide trugen zum Aufschwung des Jakobuswegs bei, pushten ihn, wie heutige Werbefachleute sagen würden.

Die Ortschaft San Juan de Ortega ist berühmt für das Lichtspiel in der Kirche und für die Gastfreundschaft des vormaligen, örtlichen Pfarrers eingedenk seines Vorbilds und Klostergründers San Juan de Ortega

Santo Domingo. Aussenfassade Kathedrale Santo Domingo de la Calzada.

Die Stadt Santo Domingo de la Calzada ist vordergründig berühmt für ihr Hühnermirakel. Vielmehr sollte sich der Pilger mit dem segensreichen Wirken des Heiligen selbst, also des heiligen Dominikus von der Straße, beschäftigen. Sein berühmtester Schüler war der viel jüngere San Juan von Ortega. Dazu demnächst mehr.

San Juan de Ortega. Eines der typischen Hinweisschilder.

Juan de Ortega (1080-1163), ein Schüler von Domingo (1019-1109), war nicht nur ein Diener Gottes, er war auch ein veritabler Brückenkonstrukteur. Seine ersten Brücken, übrigens mit Unterstützung von König Alfons VI., von Logroño und Najera ersparten den Pilgern des 11. Jahrhunderts mindestens drei Tage Gehzeit. Bettina Marten zufolge (Kunst- und Kulturführer zum spanischen Jakobsweg, 2011, Reclam) wird der legendäre Kampf zwischen Roland und Ferragut an der Brücke von Najera, der Brücke San Juans, lokalisiert. 1866 wurde die alte Brücke durch eine neue ersetzt und in 2003 verbreitert. 

Eine original erhaltene Brücke steht bei Ages. Auch soll er für den Bau der Straße von Ages nach Atapuerca verantwortlich sein. Königin Isabella die Katholische ließ 1474 ihm zu Ehren ein prachtvolles Grabmal bauen. Es befindet sich in der Klosterkirche von San Juan de Ortega. Aus Dank dafür, dass sie, die zunächst als unfruchtbar galt, nach ihrem Besuch schwanger wurde. 

Zurück zum Heiligen. Juan de Quintana Ortuno, Sohn des Ritters Vela Velazque, lernte als 15jähriger den 75 Jahre alten Dominikus in Burgos kennen. Nach seiner Priesterweihe schloß sich der adlige Sproß Dominkus an, unterstützte mit ihm gemeinsam die Hilflosen und Armen. Nach Dominikus`Tod am 12. Mai 1109 pilgerte er zu den heiligen Stätten der Christenheit. Der Legende nach rettete ihn auf der Rücktour der heilige Nikolaus von Bari nach einem Schiffbruch. Als Dank und zu Nikolaus` Ehren errichtete er sodann am Pilgerweg in der Wildnis der Montes de Oca eine Kirche für die Armen und Verfolgten, ebenso für seine Schüler und für die Pilger ein Refugium, eine Herberge. Dort gründete er mit seinen Neffen die Gemeinschaft der Regularkanoniker (Mitglieder einer Stiftskirche) des heiligen Augustinus.

Foto: Joachim Schäfer – Ökumenisches Heiligenlexikon. zum Kopieren:
Joachim Schäfer - <a href="https://www.heiligenlexikon.de">Ökumenisches Heiligenlexikon</a> (01.10.24)

Sarkophag im Kloster von San Juan de Ortega.

Nachdem sein Vermögen, das er für seine Vorhaben eingesetzt hatte, verbraucht war, er den Pilgern und Armen nicht mehr helfen konnte, füllte ihm der Herrgott der Legende nach die Truhen mit Brot, um alle versorgen zu können. San Juan erfreute sich der besonderen Unterstützung von König Alfons VII. von Kastilien (1126-1157), der ihn mit größeren Ländereien im Gebiet der Montes de Oca bedachte, um den Armen vor Christo zu helfen. Juan starb am 2. Juni 1163 in Ortega, nachdem er zuvor in Najera schwer erkrankt war. An seinem Grab sollen viele Wunder geschehen sein. Quelle u.a.: Robert Plötz. Pilgerheilige und ihre Memoria. Abschnitt Santo Domingo des la Calzada. Narr-Francke Attempto Verlag, Tübingen, 2012. 

Lichtspiel Weihnachtszyklus 

zweimal im Jahr zur Tagundnachtgleiche, Fachausdruck Äquinoktium *), am 21. März und am 27. September wiederholt sich das Wunder des zehnminütigen Lichts – eine architektonische Meisterleistung des Mittelalters.

Um 17Uhr beleuchtet ein Lichtstrahl das Kapitell links neben der Apsis: Zunächst die Verkündigungsszene (Erzengel Gabriel kniet vor Maria); danach wandert der Lichtstrahl über den Besuch der Jungfrau bei ihrer Cousine Elisabeth (beide umarmen sich, Elisabeth legt dabei ihre linke Hand auf Marias Bauch) zum Höhepunkt des Zyklus` der Darstellung der Geburt Jesu Christi in Einzelheiten, inklusive der Hebammen Zelomi und Salome. Er endet mit der Szene der Verkündigung an die Hirten; zu sehen ist ein Hirte mit spitzer Mütze und Wollgewand, der mit dem rechten Zeigefinger auf den Stern und das Jesuskindlein weist.

*) TAGUNDNACHTGLEICHE – ÄQUINOKTIUM 

Bei der Tagundnachtgleiche, Fachausdruck Äquinoktium, handelt es sich um den astronomischen Frühjahrsbeginn um den 20. März jeden Jahres und um den astronomischen Herbstbeginn um den 23. September jeden Jahres. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. ist auf dieses Phänomen im Rahmen seiner Jesus von Nazareth-Trilogie aus 2012 eingegangen, genauer gesagt auf das Kommen der Weisen (Hl. 3 Könige) aus dem Morgenland; er behandelt dort den historischen und geographischen Rahmen der Erzählung, wie die damalige Sternkonstellation, also auf die wahrscheinliche Konjunktion der Planeten Jupiter, Saturn und Mars; ggfs. in Verbindung mit einer Supernova.

Fotos. An jenem Tag war die Kirche geschlossen, regnerisch zudem. Foto Kapitel copyright commons-wikimedia. Carlospalacios (01.10.24)

Vgl. auch Etappe 13 – Reisebericht Westwärts. Villafrances Montes de Oca über San Juan de Ortega. ages nach Atapuerca, 19 Kilometer. Domingo de la Calzada und Juan de Ortega. Zwei Mönche als Brückenkonstrukteure.