Tausende Städte und Pfarreien tragen weltweit seinen Namen.
Ob man will oder nicht, die moderne Welt zehrt nach wie vor vom ach so gescholtenen düsteren Mittelalter (Unsinn!; es gab ein leuchtendes Mittelalter; an anderer Stelle mehr). Seit dem 10. Jahrhundert verbindet der Jakobsweg, der Sternenweg, Europas Bürger in ihrem Bestreben, einander auf dem Weg nach Compostela zum Apostel Jakobus den Älteren kennenzulernen. Finales Ziel: den Apostel und die Madonna zu verehren, letztlich damit den Herrgott. Festzumachen an der Namensgebung so vieler Städte, Ortschaften und Pfarrgemeinden, in Europa, auf allen Kontinenten, ob nun Jakobus, Jakob oder Jacobi, Giacomo, Jacobo, James, Jacques, Iago oder Santiago genannt, etc. – Beispiel St. Jakob in Rotenburg ob der Tauber.
Stadtkirche St. Jakob – Rotenburg ob der Tauber
katholisch > evangelisch
Die (ursprünglich katholische) evangelisch-lutherische Stadtpfarrkirche St. Jakob wurde zwischen 1311 und 1484 erbaut, passt also gut in das Schema der Namensnennung im Rahmen des Camino de Santiago. 1544 wurde in Rotenburg ob der Tauber die Reformation eingeführt. An sich ein Wunder, dass man nicht den Heiligblut-Altar entsorgt hat, weist er doch auf ein typisch katholisches Glaubensgut hin (s.u.), das, zumindest im Laufe der Zeit, von den Reformatoren abgelehnt wurde.
Stadtkirche St. Jakob Rothenburg ob der Tauber von mir bewusst ausgesucht. In dieser Kirche befindet sich auf der Westempore das berühmte Heiligblut-Retabel des Würzburger Bildschnitzers Tilman Riemenschneider, das er zwischen 1500 und 1505 für eine Heilig-Blut-Reliqie geschnitzt hat. Diese Reliquie wird im Gesprenge in einer Bergkristallkapsel des Reliquienkreuzes aufbewahrt (ca. 1270). Bei der Heilig-Blut-Reliquie soll es sich um einen während des Abendmahls aus dem Kelch verschütteten Tropfen handeln, der durch die Wandlung zum Blut Christi wurde. A.D. 1505 war Rothenburg ob der Tauber noch katholisch geprägt; 39 Jahre später dann protestantisch.
Sehnsucht des Pilgerns – Jakobus nacheifern
Was ist also das Besondere an Jakobus und dem Camino de Santiago? Auch wenn schon ab dem 4. Jahrhundert relativ viele Gläubige ins Heilige Land nach Jerusalem gepilgert waren (eine unerhört logistische Leistung), Jakobus löste noch einmal einen Schub aus nach der Sehnsucht des Pilgerns, nomen est omen Grenzen überschreiten mit Tiefgang, Spiritualität, Glaubensbezeugung und körperlicher Anstrengung, durchaus bewusst, auf dem Weg das Leben zu lassen. Nicht umsonst bedeutet das lateinische Wort Peregrinus letztlich der in der Fremde Seiende.
War der Heilige nicht nach Hispania gepilgert? Hatte er nicht viele Tausend Kilometer hinter sich gebracht, zu Fuß, mit dem Schiff, den Bewohnern des heutigen Spaniens auftragsgemäß das Evangelium, die Frohe Botschaft Jesu Christi zu verkünden? Hatte er nicht in Padron spanischen Boden betreten? War ihm nicht im Jahr 40 nach Christus in Saragossa die Madonna, die Muttergottes erschienen, noch zu Lebzeiten! Stichwort Bilokation. Gefeiert jeweils am 12. Oktober: Basilica de Nuestra Senora del Pilar.
multinational, multikulturell, multireligiös
Unsere Welt ist multinational, multikulturell und multireligiös gestrickt; das war sie schon immer. Jedoch, die Pilgerreise nach Compostela hat so zuvor noch nicht bekannte resp. erkannte Träume hervorgerufen, nicht nur bei Katholiken. Die großen katholischen und islamischen Wallfahrtsorte wie Lourdes, Fatima, Rom, Medjugorje und Guadalupe (allein hier 20 Mio. Pilger p.a.) und Mekka beispielsweise werden mit dem Flieger, dem Bus oder der Bahn angesteuert. Stopp, das stimmt nicht in Gänze. Schon seit vielen Jahren bieten clevere Bus-Reiseunternehmen Nach Santiago pilgern mit dem Bus an. Bequemer geht`s nimmer. Je nach Gusto, Laune, wie körperlicher und seelischer Befindlichkeit darf der Reisende zwischendurch auch einige Kilometer pro Tag pilgern, das Tagesrucksäckchen auf dem Rücken. *) Es gibt natürlich auch noch diejenigen christ-katholischen Wallfahrer, die Santiago nur für ein-zwei Tage gezielt ansteuern entweder zum Jakobustag am 25. Juli oder im Heiligen Compostelanischen Jahr.
Berühmte Städte – dem hl. Jakobus gewidmet
Metropolitankathedrale von Santiago de Chile 2017
Wir halten fest, der Camino de Santiago ist weltweit einzigartig – für die breite Öffentlichkeit auf allen Kontinenten. Die Autoren Maryjane Dunn und Linda Kay Davidson untermauern dieses Diktum in ihrem Buch The Pilgrimage to Compostela in the Middleages (1996/2000, Routledge New York und London) anhand einiger Daten. So sollen allein in Frankreich vierzehn (14) Städte den Namen St Jacques tragen, vierhundertfünfundachtzig (485) Kirchengemeinden St Jacques gewidmet, geweiht sein.
In Deutschland dürfte es analog ebenfalls hunderte von Kirchengemeinden betreffen. In Hispanic America, also ohne Brasilien (da portugiesisch), tragen fünfhunderteinundachtzig (581) Städte Jakobus` Namen; berühmt die Hauptstadt von Chile Santiago de Chile oder der gleichnamigen Provinzen in Cuba mit Santiago de Cuba resp. in Mexiko mit Santiago de Queretaro. Es gibt sogar einen Vulkan namens Santiago, nämlich den Volcano Santiago in Masaya, Nicaragua; ungeachtet der abertausend Ortschaften, die auf irgendeine Art und Weise unter dem Patronat des heiligen Jakobus stehen.
Anlage *) Busreisen. Es war auf unserer Pilgertour Caminho Portugues im Jahr 2011. Ich zitiere von S. 12 meiner Broschüre Auf nach Santiago de Compostela 2011: „Die Buspilger, wir sahen sie am Ponte das Tabuas, übernachten im selben Hotel: fast alles ältere Damen mit Hut und Pseudorucksack, gemein von mir dieser Schlenker, nicht wahr? Muß aber sein. Schnell schreiten wir weiter, die Busdamen nehmen Brücke und Strand in Beschlag, es ist laut.“ – Angekommen in Ponte de Lima konnten wir gerade noch das letzte Doppelzimmer ergattern. Warum? Die von uns präferierte Herberge war überfüllt, das Hotel – wie gesagt – mehr oder weiniger durch die Buspilger. Nun ja, es ist letztlich nichts dagegen zu sagen. Jeder, so wie er, sie, es mag. Kritisch wird es im Einzelfall, wenn man neununddreißig (39) Kilometer hinter sich hat, geschafft, müde, völlig kaputt auf der Suche nach einem Bett ist. Morgens beim Breakfast very, very noisy und busy, und was das Buffett anging? Wer zu spät kommt, nur eine halbe Stunde, den bestraft halt das Leben, in diesem Fall gab`s keine Leckereien mehr. Auch das verschmerzten wir.