2. Vatikanisches Konzil 1962-65. Einstimmung. Aggiornamento. Zwischenfazit

Zur Überraschung vieler und trotz großen Widerstands in Kurie und Klerus beruft Papst Johannes XXIII. zum 11. Oktober 1962 das Zweite Vatikanische Konzil ein. An jenem Tage sagte er zur Eröffnung des Konzils Sätze, die viele heute nicht mehr gerne hören resp. lesen wollen; seine Heiligkeit redete nämlich nicht der Veränderung der Lehre das Wort, vielmehr versprach er sich einen Schub zur Evangelisierung. Er benutzte dabei die von vielen – teils bewusst – missverstandene Begrifflichkeit Aggiornamento *), im Deutschen am ehesten mit dem sperrigen Wort   Verheutigung gleichzusetzen. Foto umseitig: commons.wikimedia, gemeinfrei (28.12.24)

  • „Die Hauptaufgabe des Konzils liegt darin,
  • das heilige Überlieferungsgut (depositum) der christlichen Lehre
  • mit wirksameren Methoden zu bewahren und zu erklären.“

Zu behaupten, wie der Limburger Bischof und Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz Dr. Georg Bätzing es tat, der Synodale Weg könne mit dem Konzil verglichen werden, ist, vorsichtig gesprochen, eine Umdeutung. Hier sein Diktum: „So wie beim Zweiten Vatikanischen Konzil gelte es auch beim Synodalen Weg in Deutschland, „die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums zu deuten, Erstarrungen aufzubrechen“, sagt der DBK-Vorsitzende.

Papst Johannes XXIII. Bürgerlicher Name Angelo Giuseppe Roncalli, geb. am 25.11.1881. Im Papstamt vom 28.10.1958 bis 3. Juni 1963. Heiligsprechung durch Papst Franziskus am 27. April 2014. „Der Mensch ist nie größer als dort, wo er kniet.“ – Als erster Papst seit 1870 verließ er den Vatikan, wallfahrte zum Grab des heiligen Franziskus nach Assisi. Berühmt sind seine Zehn Regeln der Gelassenheit, die jeweils mit den Worten „Heute, nur heute werde ich …“ beginnen.

Seine Regel 1 geht dann weiter: „… mich bemühen, den Tag zu leben, ohne die Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.“

Zuvor (1934) war er Apostolischer Administrator in Konstantinopel/Istanbul, Nuntius in Frankreich/Paris (1944) und Patriarch von Venedig in 1953.

Fotoquelle: commons.wikimedia, gemeinfrei (28.12.24)

Noch im Jahr seiner Berufung (1958) zum Pontifex maximus hatte er als Kardinal und Abgesandter von Papst Pius XII. den Marienwallfahrtsort Lourdes aufgesucht. Dort weihte er am 25. März 1958 – im Rahmen der Jubiläumsfeiern – die neue Basilika St. Pius X. ein.

Papst Pius XII. Wegbereiter des Konzils

Papst Pius XII. im April 1958, dem Jahr seines Todes. Geboren am 2. März 1876 als Eugenio Maria Guiseppe Giovanni Pacelli. Nuntius in Deutschland seit 1917. Ab 1930 Staatssekretär von Papst Pius IX; am 2. März 1939 Wahl zum Papst. Einige Highlights seines Pontifikats: 1950 Verkündigung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in die himmlische Herrlichkeit. 1953 ernannte er unter anderem Angelo Roncalli (der spätere Papst Johannes XXIII.) zum Kardinal.

Am 8. Dezember 1953 Verkündigung des Marianischen Jahres, knapp elf Monate später dann Proklamierung des Festes „Maria Königin.“ Am 9. Oktober 1958 stirbt Pius XII. nach dreieinhalbtägigem Krankenlager in Castelgandolfo. 

Foto: commons.wikimedia, gemeinfrei (28.12.24)

Pius XII. wollte schon 1948 ein allgemeines Konzil einberufen

Für die meisten von uns gilt Papst Johannes XXIII. als derjenige, der die Fenster der Kirche zur Welt geöffnet hat. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Sehr gerne wird vergessen, dass sein Vorgänger – Papst Pius XII. – schon 1948 die Idee geäußert hatte, ein allgemeines Konzil einzuberufen. Seiner Gesundheit, seines Alters und der Nachkriegsverhältnisse wegen hat er dann darauf verzichtet, obschon verschiedene Kommissionen zur Vorbereitung von ihm eingesetzt worden waren.

Er war eben nicht nur Diplomat, Hierarch, Pontifex, nicht nur eine durchgeistigte Persönlichkeit, vermeintlich unnahbar, auch wenn er die Tiara (Papstkrone) trug, sondern gleichermaßen Seelsorger. Er half Juden (unten mehr), Sozialisten und auch Kommunisten, er verschenkte sein ganzes persönliches Vermögen. Ein marianischer Papst von tiefer Frömmigkeit. Mich hat dieser Papst von jeher fasziniert. Die Anschuldigungen, den Juden nicht geholfen zu haben, sind an Absurdität nicht zu überbieten. – Später werden noch weitere Fotos Seiner Heiligkeit folgen.

Zwischenfazit Vaticanum II

Innerkatholische Kritiker rechnen mit der Amtskirche ab

Das von Papst Johannes XXII. unter der Überschrift Aggiornamento  (Verheutigung) *) schon wenige Tage nach seinem Amtsantritt angekündigte und zum 11. Oktober 1962 einberufene Konzil wurde von vielen innerkatholischen Kritikern, Bischöfen, Kardinälen wie Theologen und Laien, genutzt, endlich mit der Amtskirche abrechnen zu können, sie zu protestantisieren: Kirche nicht mehr Leib Christi – sondern nur noch Volk Christi. **) Sie sprachen plötzlich von „vorkonziliar“ und „nachkonziliar“. Dazu später mehr. Nach dem Tod von Johannes XXIII. wurde das Konzil von seinem Nachfolger Papst Paul VI. formell neu einberufen und am 8. Dezember 1965, am Tag Mariä Empfängnis, von ihm auch beendet.

  • Teilnehmer: 3.044 Kleriker,
  • davon 2.498 Konzilsväter.
  • Praktizierte Themen: Kirchenreform: Beziehung, Antwort und Anpassung der Kirche zur und an die moderne Welt,
  • Ökumenismus,
  • nichtchristliche Religionen,
  • Liturgie.

*) Aggiornamento nach Kardinal Robert Sarah, Guinea

– vgl. sein Buch Gott oder Nichts aus 2015 –  

  • „Das aggiornamento ist ein gedankliches Hilfsmittel,
  • um die Kirche in einer sich wandelnden Welt einzuordnen,
  • in der bestimmte wirtschaftliche, politische Bereiche oder auch Medien Gott aufgegeben haben,
  • indem sie sich in einen realitätsfremden, liberalen und relativistischen Materialismus stürzten. (…)
  • Die Intuition von Johannes XXIII. war daher prophetisch. 
  • Dieser Papst wollte niemals die Tradition aufgeben; 
  • manche Leute träumten von einer Revolution
  • und sie versuchten mit der Unterstützung der Medien, das Bild eines revolutionären Papstes durchzusetzen.“ 

**) Massenhafte Rücktritte vom Priesteramt

sowie gleichermaßen ein riesiger Aderlass bei den Ordensgemeinschaften. Ein führender Geistliche deklamierte im Herbst 2016 coram publico, dass das Wichtigste und das Alleroberste der gläubigen Katholiken die Eigenverantwortung bzw. Gewissenentscheidung sei. Er redete damit dem Relativismus und der Protestantisierung das Wort; anything goes.

Sturm der Altäre

Die falsch aufgefasste Liturgiereform (heute vielfach nur noch profaner Singsang mit Brotbrechen) ist ein weiteres beredtes Beispiel, wie es leider auch die schönen, alten gen Osten (dem Licht Christi) gerichteten Altäre getroffen hat. Viele wurden – weltweit – quasi in einer Nacht- und Nebelaktion demoliert und/oder entfernt, wie weiland die Protestanten es im 16. Jahrhundert mit den Heiligenbildern und -ikonen getan hatten.

Einen Unterschied gibt es jedoch. Die Protestanten von heute legten in Folge des Konzils und der 68er-Revolution nicht Hand an ihre Altäre und Kanzeln, im Gegenteil, sie benutzen sie weiter. In den katholischen Gotteshäusern haben dagegen der schmucklose Altartisch und der Ambo für Predigt und Lesungen Einzug gehalten. Unten mehr.

Dramatische Folgen in Holland

Kardinal Willem Jacobus Eijk, der Erzbischof von Utrecht, erinnerte unlängst in 2016 daran, daß vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil 90 Prozent der niederländischen Katholiken am Sonntag die Heilige Messe besuchten. Heute seien es nur mehr sechs Prozent. Irrungen und Wirrungen dergestalt, dass ein neuer holländischer Katechismus auf den „Markt“ gebracht wurde, der sich dem Zeitgeist angepasst hatte. Die deutsches Verbandskatholiken sollten die holländische Situation studieren, ihre Lehren daraus ziehen und den „Quatsch“ mit dem Synodalen Weg lassen. Wirkliche Gläubige wollen keine zeitangepasste Kirche, sie wollen das Wort Christi hören, seine Offenbarung.

Das 2. Vatikanische Konzil besticht nicht durch Eindeutigkeit,

sondern durch „fest“-geschriebene Zweideutigkeiten. Jeder liest sich das heraus, was er ihm gerade recht ist, gerne garniert mit dem Hinweis auf den Geist des Konzils; vgl. obige Äußerung des Limburger Bischofs. Ida Friederike Görres, sie prägte in der Vorkriegszeit die katholische Jugendbewegung in Deutschland, sieht es ähnlich. 

Papst Paul VI. Bürgerlicher Name Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini (26.09.1897-06.08.1978). 262. Papst von 1963 bis 1978; am 14.10.2018 von Papst Franziskus heiliggesprochen.

Leider hat er sich, nachdem er das Konzil zu Ende geführt hatte, von seinem unmittelbaren Umfeld sehr dominieren lassen und den Liberalen nicht die Stirn geboten; es zugelassen, dass die lateinische Sprache quasi abgeschafft wurde, die bisherige Liturgie durch eine protestantisierte Form ersetzt und der Volksaltar propagiert wurde. – Gut, dass Weihbischof Mardel Lefebvre standhaft geblieben war, sich nicht dem Papst unterwarf. Dazu später ggfs. mehr.

Fotoquelle: commons.wikimedia, gemeinfrei (28.12.24)

Wie Jahrhunderte zuvor, wird auch das 2. Vatikanische Konzil 1962-65 erst nach mehreren Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, seine wahre Bedeutung erfahren, auch wenn die sogenannten Liberal-Katholiken schon während des Konzils ihre ersten Pflöcke (erfolgreich) eingerammt haben.

Lassen Sie es mich profan ausdrücken, Protagonisten jener Richtung (Protestantisierung der katholischen Kirche) faseln mir seitdem zu viel vom vermeintlichen Geist des Konzils.

Papst Benedikt XVI. brachte es wenige Tage vor seinem Rückzug Februar 2013 auf den Punkt. Es gäbe das Konzil der Väter und das der Medien; also das tatsächliche und nicht das seitens der Medien gewünschte Konzil. An anderer Stelle mehr.

Fortsetzung folgt

  • Identität Katholische Kirche und Kirche Christi aufgehoben. +
  • Konzil konterkariert Lehre Papst Pius IV. (16. Jh.) und Pius IX. (19. Jh.) +
  • Protestantische Theologen beeinflußten Ergebnisse zu ihren Gunsten +
  • „Konzils-Kirche“ noch die wahre Kirche Jesu Christi? +
  • Anthropozentrische Wende: Nicht mehr Gott – sondern der Mensch +
  • Heilswille. Relativierung des dreifaltigen Gottes +
  • Hochachtung für nicht-christliche Religionen. Relativierung der Heilsuniversalität Jesu Christi + Nostra aetate +
  • Was sagen Zeitzeugen? +
  • Joseph Ratzinger als Professor, Erzbischof, Kurienkardinal, Papst Beneditk XVI. +
  • Bundeskanzler Konrad Adenauer +
  • Umdeutung durch liberale Kleriker +
  • Manipulation der Gläubigen durch Falschinformationen +
  • Schmerzhafte Auswirkungen des Konzils. +
  • Beten. +
  • Eucharistische Anbetung. +
  • Siechtum. Trennung +
  • Liturgiereform +
  • Konzilstexte. Wegweisende Papstansprachen. Verlinkungen +