Papst-Predigt „Veneranda dies“ zum 30. Dezember

Codex Calixtinus. Predigt des seligen Papstes Calixtinus II.

am Fest der Erwählung und Translation des hl. Apostels Jakobus, das am 30. Dezember gefeiert wird. Der Papst geht dabei auf die seiner Meinung nach glaubwürdige Translation der Gebeine des Apostels ein, verwirft andere Erklärungen als Fabeln. In der alten spanischen, mozarabischen Liturgie war der 30. Dezember der ausschließliche Festtag des hl. Jakobus. – Foto: Ausstellung Burg Poferrada.

Der Codex Calixtinus beginnt mit dem Einleitungsbrief des seligen Papstes Calixtinus II. u.a. an den ehrwürdigen Konvent der Basilika von Cluny,  an die berühmten Herren Wilhelm, Patriarch von Jerusalem, an Didacus, Erzbischof von Compostela und alle rechtgläubigen Christen. Im weiteren Verlauf behandelt der Autor diverse Jakobus und den Pilgerweg tangierende Themen, nennt die Habgier in der Welt, gibt Hinweise auf die Echtheit des Codex Iacobus, zitiert Predigten, geht auf liturgische Texte und Stundengebete ein. Im Fokus steht die lange Predigt des Papstes Veneranda dies (Der ehrwürdige Tag) zu Ehren des heiligen Jakobus.

Der Tag der Überführung der Gebeine wird auch heute noch gefeiert; die Hauptfeierlichkeiten hingegen werden jeweils am 25. Juli, dem Gedenktag des Heiligen, zelebriert. 

Der Verfasser schildert die Translation des Apostels nach Galicien, verwirft seiner Meinung nach falsche Berichte hierüber; er geht auf die Pilgerscharen ein, die nach Compostell eilen, mehr als 70 Völker *) sollen es sein; er beschreibt die Ausstattung des Pilgers mit Stab und geweihter Pilgertasche und  die damit verbundene Bedeutung nebst der Gebete und nicht zuletzt geht er auf die Symbolik der Jakobsmuschel ein. Mit der Pilgertasche werde die Freigebigkeit in Almosen und die Abtötung des Fleisches versinnbildlicht. Der Stab als quasi dritter Fuß symbolisiere den Glauben an die Heilige Dreifaltigkeit. 

*) Hier die mittelalterlichen Namen: „Illuc populi barbari et domestici cunctorum cosmi climatum adveniunt, scilicet Franci, Normanni, Scoti, Hiri, Galli, Theutonici, Yberi, Wasconi, Baioari, Navarri impii, Bascli, Gotti, Provinciales, Garasqui, Lotharingi, Gauti, Angli, Britones, Cornubienses, Flandri, Frisi, Allobroges, Itali, Apuli, Pictavi, Aquitani, Greci, Armeni, Daci, Noroequi, Russi, Ioranti, Nubiani, Parthi, Romani, Galate, Ephesi, Medi, Tuscani, Kalabriani, Saxones, Siciliani, Asiani, Ponti, Bitiniani, Indiani, Creti, Hierosolimitani, Antiocheni, Galilei, Sardani, Cipriani, Ungari, Bulgari, Ysclavoni, Africani, Perse, Alexandrini, Egiptii, Suriani, Arabes, Colosenses, Mauri, Ethiopes, Philipenses, Capadoci, Corinti, Elamite, Mesopotamiani, Libiani, Cirenenses, Pamphiliani, Ciliciani, Iudei, et ecetere gentes innumerabiles.“Quelle: Gonzalo Torrente Ballester, Pilgerlesebuch Santiago de Compostela; vgl. auch Menüpunkt Literatur

Die meisten Völkernamen dürften einem irgendwie bekannt vorkommen, einige scheinen mir fremd. Interessant ist, dass in Calixtinus II. Aufzeichnungen nahezu die gesamte bis dahin bekannte Welt vorkommt, wobei er die Chinesen nicht erwähnt, weil sie wohl noch nicht vom Evangelium gehört hatten. Weiterhin bemerkenswert, dass er auch die Araber nennt.

DIE EIGENTLICHE MOTIVATION DES PILGERS

Der Weg des Pilgers sei für den Rechtschaffenen die Absage an Laster, die Abtötung des Leibes, die Vergebung der Sünden, die Buße der Büßer, der Weg der Gerechten, die Liebe der Heiligen, die Hoffnung der Auferstehung und der Lohn der Seligen, die Abwendung von der Hölle und die Versöhnung mit dem Himmel. Der wahre Pilger teile mit den Armen und den bedürftigen Pilgern. Die das nicht täten, seien keine echten Pilger – sondern Diebe und Banditen Gottes. Im weiteren Verlauf seiner Predigt verweist der Papst auf die Apostel, die weiland von Jesus ja ohne Geld auf die Missionsreise geschickt worden seien.

„Die Apostel waren Pilger, weil der Herr sie ohne Geld und ohne Schuhwerk schickte. Deshalb ist es den Pilgern nicht erlaubt, in irgendeiner Form Geld mitzunehmen, wenn sie dieses Geld nicht mit den Armen teilen.“

„Und so wie jene (die Söhne Israels) nach vielen Entbehrungen ins Land der Verheißung zogen, so erlangen die Pilger, um in das den Gläubigen versprochene himmlische Vaterland einziehen zu können, die Gemeinschaft der Heiligen, nachdem sie die unzähligen Betrügereien der Wirte erlitten, Berge bestiegen, in die Täler hinuntergewandert, von Räubern überfallen und verschiedene Gefahren sowie Mühsale auf dem Weg zu den Stätten der Heiligen überstanden haben.“ Quelle: Ausarbeitung TU-Dresden, Kunstgeschichte Spanien, Webseite vom 12.06.2006.

Wichtig ist ihm auch, dass, bevor der Pilger seine Reise antritt, er sein Gewissen prüft, allen vergibt, die ihm Unrecht angetan haben,  Meinungsverschiedenheiten bereinigt, sein Haus in Ordnung zurücklässt für Frau und Kinder.   

Der Apostel Jakobus habe große Vorbilder in Adam, Jakob bis zu Christus selbst gehabt.

Gefahren. Laster. Diebe. Betrüger

GEFAHREN Einen ganz wichtigen Teil seiner Predigt nimmt das Laster ein, vor allem das derjenigen der schlechten Wirte, der Räuber, der Diebe, der Prostituierten,  der Lügenmärcherzähler über den heiligen Jakobus, der falschen Beichtväter, der betrügerischen Geldwechsler, der hinterlistigen Händler und der gierigen Zöllner. Sie alle habe der Pilger zu fürchten. Gleichwohl schließt der Papst das Kapitel versöhnlich mit einem Lob auf den Heiligen Jakobus, auf das spanische Volk, auf die Grabstätte und auf die frommen Pilger selbst.  

vgl. dazu den Pilgerführer aus dem 12. Jh., übersetzt und kommentiert von Klaus Herbers, Philipp Reclam jun. Stuttgart, 2007 – entsprechend dem im 12. Jh. erstellten Liber Sancti Jacobi resp. Codex Calixtinus. Ein lesenswertes Büchlein.